Analyse : Aserbaidschan gutes Beispiel für "Fluch der Rohstoffe"

Insgesamt 220 Milliarden Dollar (203,44 Milliarden Euro) beträgt die gesamte Wirtschaftsleistung Kasachstans, das etwa doppelt so viele Einwohner hat wie Österreich, aber nur auf zwei Drittel der österreichischen Wirtschaftsleistung kommt. Pro Kopf erwirtschaften die Kasachen rund 13.000 US-Dollar pro Jahr. Zum Vergleich: Russland kommt auf 18.000 Dollar, Aserbaidschan auf 9.000.

70 Prozent der kasachischen Exporterlöse stammten von der Ausfuhr von Öl und Gas und ein Viertel der gesamten Wirtschaftsleistung hänge an diesem Sektor, erklärte Müller. Für Österreich sei das Land der größte Erdöl-Lieferant. 2014 gingen die Exporterlöse jedoch um 7,6 Prozent zurück. Nach Einschätzung des Internationalen Währungsfonds (IWF) brauche das Land einen Ölpreis von 60 bis 65 Dollar, um ein ausgeglichenes Budget zu haben, so Müller. Wegen der Abwertung der Nationalwährung Tenge um ein Fünftel gingen auch die Importe um fast 16 Prozent zurück.

Wesentliche Gründe für die Abwertung waren der sinkende Leistungsbilanzüberschuss und die Abwertung des russischen Rubels gegenüber dem US-Dollar. Für heuer wird eine weitere Tenge-Abwertung erwartet. Für Österreichs Handelsbeziehungen mit Kasachstan bedeutet das einen weiteren Rückgang der Ausfuhren in das Land. Die sind allerdings ohnehin bescheiden: 2014 haben Österreichische Unternehmen Waren im Wert von 257 Millionen Euro (minus zwölf Prozent) nach Kasachstan geliefert. Österreich hat im Vorjahr Erdöl um rund 1,5 Millairden Euro aus Kasachstan importiert.

Öl- und Gas als Hauptexporte

"Ein gutes Beispiel für die These vom Fluch der Rohstoffe" sei auch Aserbaidschan, sagte Dietmar Fellner, der als Wirtschaftsdelegierter in Moskau auch für das Land am Südkaukasus zuständig ist. Ab Mitte der 1990er Jahre habe sich das Land ganz auf die Öl- und Gasindustrie fokussiert, bis 2006 sei die Wirtschaft dort um elf Prozent pro Jahr gewachsen. "Bereits im Jahr 2000 überschritten die Öl- und Gasausfuhren 80 Prozent des aserbaidschanischen Exportvolumens." Nun zeige sich jedoch die Kehrseite der hohen Abhängigkeit von Rohstoff-Exporten: 2014 sei die Wirtschaft nur noch um 2,8 Prozent gewachsen.

Geld für eine Restrukturierung der Wirtschaft - Ausbau der Infrastruktur, Ausgleich der regionalen Ungleichheiten - ist vorhanden. Der staatliche Öl-Fonds SOFAZ (State Oil Fund of Azerbaijan) verfügt über 36 Milliarden US-Dollar. Schon im Vorjahr musste der Fonds angezapft werden um die Staatsausgaben zu decken: Zwölf Milliarden Dollar flossen in die Staatskasse. Dazu verfügt das Land noch über Devisenreserven von mehr als 15 Milliarden Dollar, bei einer vergleichsweise geringen Auslandsverschuldung von 13,3 Prozent des BIP.

Auch Kasachstan hat einen Nationalfonds für magere Jahre eingerichtet: Seine Reserven betrugen Ende 2014 knapp 74 Milliarden US-Dollar, dazu kommen Devisenreserven der Nationalbank von 29 Milliarden Dollar. Beide Länder haben sich also rechtzeitig auf schlechte Zeiten eingestellt und können einen niedrigen Ölpreis eine Weile aushalten.

Die vorgezogene Präsidentenwahl in Kasachstan am 26. April 2015 dürfte keine Veränderung bringen: Der seit 1989 an der Macht befindliche 74-jährige Staatschef Nursultan Nasarbajew wird wohl an der Wahl teilnehmen und sie auch gewinnen. (apa)