Entscheidung gefallen : Bau des Semmering-Basistunnels ab sofort möglich

Da den eventuellen Beschwerden gegen die Entscheidung keine aufschiebende Wirkung zuerkannt wurde, steht dem Bau nun zumindest juristisch nichts mehr im Wege. Die nun vor Gericht unterlegene Tunnelgegner-Gruppe "Alliance for Nature" bedauerte die Entscheidung und kündigte eine Beschwerde beim Verwaltungsgerichtshof (VwGH) an. Die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts (BVwG) kam dabei früher als erwartet, das Urteil war erst für den Herbst erwartet worden.

Der rund 27 Kilometer lange Basistunnel mit zwei Röhren soll die Bahnverbindung auf der Südstrecke deutlich beschleunigen. Die Fahrzeit zwischen Wien und Graz soll dann nach Fertigstellung in rund zehn Jahren auf knapp zwei Stunden verkürzt werden. Derzeit zuckeln die Züge auf der historischen Ghega-Bahnstrecke über den Semmering.

Das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) begründete seine Entscheidung mit dem europäischen und österreichischen öffentlichen Interesse an der Verwirklichung des Projekts. In den Auflagen des Umweltverträglichkeitsprüfungs-Bescheids seien umfangreiche Maßnahmen für Wasserschutz und Umweltschutz vorgeschrieben. Ein Senat aus drei Richtern habe entschieden, dass der Tunnel "unter Einhaltung der vorgeschriebenen und zum Teil abgeänderten bzw. erweiterten Auflagen gebaut werden kann". Grundsätzliche Rechtsfragen hätten sich in dem Verfahren nicht gestellt, eine ordentliche Revision wurde daher nicht zugelassen. Die Tunnelgegner können daher nur außerordentliche Revision - ohne aufschiebende Wirkung - einlegen.

Infrastrukturminister Alois Stöger hat den Entscheid begrüßt. "Mit diesen Investitionen schaffen wir schnellere Verbindungen und höhere Kapazitäten auf der Schiene. Dadurch stärken wir unseren Standort und sichern tausende Arbeitsplätze", erklärte Stöger. Alleine in der Bauphase entstünden 4.500 Arbeitsplätze. Durch die zusätzliche Wertschöpfung würden in der Betriebsphase weitere 11.000 Arbeitsplätze gesichert.

Schlüsselfunktion im europäischen Schienennetz

Seitens der ÖBB wird die "klare Entscheidung" begrüßt. Der Bahntunnel sei eines der wichtigsten Projekte der neuen Südstrecke und erfülle als Teil des Baltisch-Adriatischen Korridors von Danzig bis Ravenna eine Schlüsselfunktion im europäischen Schienennetz. Die Baukosten bleiben mit dem nun vorliegenden Erkenntnis bei rund 3,3 Milliarden Euro, so die Bundesbahn.

Der Semmering-Basistunnel sei eines der meistgeprüften Projekte in Österreich, so die ÖBB in einer Stellungnahme. Wie schon die anderen Behörden habe auch das Bundesverwaltungsgericht erneut das öffentliche Interesse und die Umweltverträglichkeit des Projektes bestätigt. In rund zehn Jahren werde durch den Tunnel die Fahrtzeit von Wien nach Graz auf rund zwei Stunden verkürzt. Durch den Tunnel werde die Bahn nun auch auf der Nord-Süd Verbindung Österreichs konkurrenzfähig zum Auto und zum Lkw, begrüßt die Staatsbahn. Die ÖBB betonen seit langem, dass entlang der Südbahnstrecke genauso viele Personen wie entlang der Westbahnstrecke als mögliche Bahnkunden wohnen. Auf der Südbahn fahren jedoch nur ein Viertel der Bahnkunden wie auf der Westbahn.

Pläne seit den 1980er Jahren

Seit Jahrzehnten wird um den Bau eines Bahntunnels durch den Semmering gerungen. Die Chronologie des Semmering-Basistunnels reicht bis in die 80-er Jahre des vergangenen Jahrhunderts zurück. Während die steirischen Landeshauptleute für den Bahntunnel eintraten, kam lange Zeit Widerstand aus Niederösterreich. Aus Niederösterreich kamen dabei noch keine Reaktionen. Niederösterreichs Landeshauptmann Erwin Pröll war jahrelang vehementer Gegner des Bahntunnels und hatte sich später mit dem neuen Projekt zum Tunnelbefürworter gewandelt. Er hatte seinen Sinneswandel damit begründet, dass das neue Projekt ganz anders sei und auf die Bedenken über das Grundwasser mehr Rücksicht nehme. Außerdem gebe es in der neuen Planung zwei Röhren statt einer und die historische Semmeringbahn werde erhalten bleiben.

Die Naturschutzorganisation "Alliance for Nature" will nach dem Okay zum Bau des Semmering-Basistunnels die letzte Instanz, den Verwaltungsgerichtshof (VwGH), anrufen, sagte deren Generalsekretär Christian Schuhböck zur APA. Dass diese Beschwerde keine aufschiebende Wirkung habe, sei aber eine "Niederlage für Natur und Wahrheit". Als "irritierend" bezeichnete Schuhböck, dass kein einziges Argument, das "Alliance for Nature" gegen den Bau vorgebracht hat, greife. "Da dürfte der politische Druck dermaßen groß gewesen sein." Die NGO kritisierte unter anderem die Beeinträchtigung der Wasserhaushalte sowie des Naturhaushaltes und der Vegetation. Außerdem wurde stets angezweifelt, dass das künftige Verkehrsaufkommen am Semmering überhaupt einen Tunnelbau nötig macht.