Automobilindustrie : "Der Druck in China ist enorm"

Die Aussichten für den größten Automarkt der Welt in China haben sich zur internationalen Automesse in Shanghai besonders für deutsche Hersteller eingetrübt. Während Marktführer Volkswagen in China im ersten Quartal nur noch einen Zuwachs von zwei Prozent verbuchen konnte, beschreiben Experten die Aussichten für den Gesamtmarkt in diesem Jahr als "nicht so rosig".

Der Wettbewerb werde härter, auch steige der Preisdruck, sagte Cui Dongshu, Chefökonom von Chinas Vereinigung der Personenwagenindustrie, am Sonntag der Deutschen Presse-Agentur.

Nach seiner Einschätzung wird der Oberklassemarkt, wo besonders die deutschen Hersteller vertreten sind, in diesem Jahr mit nur noch sieben oder acht Prozent erstmals langsamer wachsen als der Gesamtmarkt. Bisher hatten Experten mehr als zehn Prozent vorhergesagt. "Der Druck ist enorm", sagte Cui Dongshu. In der "neuen Normalität" in China schlage das langsamere Wirtschaftswachstum jetzt auch auf den Automarkt durch.

Wachstum verlagert sich

Von der neuen Situation profitierten besonders chinesische Hersteller mit günstigeren Modellen. "Sie erleben einen zweiten Frühling." Ihr Marktanteil habe sich spürbar verbessert. Das Wachstum verlagere sich von den wohlhabenden Städten im Osten nach Zentral- und Westchina, wo die Kunden "praktische Autos" suchten - mit Platz, bequemen Sitzen und Straßentauglichkeit.

Chinesische Hersteller böten heute viele Geländewagen an, deren Absatz im ersten Quartal allein um fast 50 Prozent zugenommen habe. Deutsche Marken wie Volkswagen hätten kein ausreichendes Angebot dafür. "Deswegen ist ihr Geschäft auch so eingebrochen", sagte Cui Dongshu. VW-China-Vorstand Heizmann räumte hier Nachholbedarf ein: "Das Wachstum kommt besonders stark aus Segmenten zustande, in denen wir nicht vertreten sind."

Automesse in Shanghai mit mehr Ausstellern als je zuvor

Die diesjährige Automesse in Shanghai, die am Sonntag mit ersten Premieren eingeläutet wurde, sieht mehr Aussteller als je zuvor. Fast 2.000 Hersteller aus 18 Ländern sind vertreten. Mehr als 1.300 Autos werden auf der Show gezeigt, die zu den wichtigsten der Branche gehört und am Montag ihre Tore bis zum 29. April öffnet.

Trotz des langsameren Wirtschaftswachstums werde der Markt in China aber immer noch schneller wachsen als anderswo, gab sich Heizmann überzeugt. Er rechnet mit acht Prozent Wachstum des gesamten Marktes, war aber vorsichtiger als sonst, eine Vorhersage für das Geschäft der Volkswagengruppe zu nennen. Er beklagte auch Kapazitätsengpässe. Wenn es sich so weiter entwickele wie im ersten Quartal, werde der Konzern im ganzen Jahr nicht schneller als der gesamte Markt wachsen können.

Winterkorn bleibt Shanghai fern

Am Abend musste Heizmann dann noch eine Ersatzrolle spielen: Auf einer VW-Show mit rund 1.500 Gästen vertrat er Konzernchef Martin Winterkorn, der seinen Auftritt in Shanghai kurzfristig wegen eines grippalen Infekts abgesagt hatte, wie ein Sprecher erklärte. Für Winterkorn war eine harte Woche zu Ende gegangen, in der der Machtkampf an der VW-Spitze die Autowelt in Atem gehalten hatte.

Aufsichtsratschef Ferdinand Piëch hatte Winterkorn öffentlich kritisiert und damit die Zukunft des Managers im Konzern infrage gestellt. Am Freitag stellte sich dann der engste Kreis des Aufsichtsrats formell hinter Winterkorn und bot ihm sogar eine Vertragsverlängerung über 2016 hinaus an.

Heizmann äußerte sich auf Nachfrage zu der Kontroverse. "Natürlich wäre es falsch zu sagen, dass es keine Unruhe schafft und es "business as usual" ist", sagte Heizmann. "Aber des Richtige und Nötige ist getan worden. Es gibt eine klare Aussage des Aufsichtsrates und ich denke, damit wird wieder Ruhe einkehren." (apa/dpa)