Ex-CEO von SBO : Gerald Grohmann: Der Mann und das Öl

Gerald Grohmann

Gerald Grohmann, ehemaliger CEO des Ölfeld-Ausstatters Schoeller-Bleckman

- © www.christianjungwirth.com

Im Interview mit dem INDUSTRIEMAGAZIN aus dem Jahr 2017 spricht Gerald Grohmann, ehemaliger CEO des österreichischen Öl- und Gasfeldausrüsters Schoeller-Bleckmann Oilfield (SBO), über die bemerkenswerte Entwicklung seines Unternehmens. Angesichts der beeindruckenden Zuwächse bei Gewinn und Umsatz berichtet Grohmann von den Herausforderungen und Chancen, die sich in einem von Zyklizität geprägten Marktumfeld ergeben. Die Diskussion um die SBO-Aktie und ihre bemerkenswerte Korrelation zum Erdölpreis eröffnet Einblicke in die Resilienz des Unternehmens.

>>> SBO beendet 2023 mit Rekordumsatz und startet mit neuem CEO ins Jahr

Grohmann ist zum Ende des letzten Jahres nach 22 Jahren aus der Geschäftsführung der SBO in den Ruhestand getreten. Der bisherige Finanzvorstand Klaus Mader hat mit 1. Januar zusätzlich die Funktion des Vorstandsvorsitzenden übernommen. Klaus Mader ist seit 2015 als CFO bei der SBO beschäftigt. Davor war er unter anderem für die Tyrolitgruppe und die Wienerberger Baustoffindustrie AG tätig.

Nie mehr die wichtigsten News aus Österreichs Industrie verpassen? Abonnieren Sie unser Daily Briefing: Was in der Industrie wichtig wird. Täglich um 7 Uhr in Ihrer Inbox. Hier geht’s zur Anmeldung!

Dieser Artikel erschien erstmals in unserer Jubiläumsausgabe 2017.

Im Juni 2023 hat Gerald Grohmann bekannt gegeben, SBO zu verlassen. Mit Ende 2023 ist er nach über 22 Jahren aus dem Unternehmen ausgeschieden. Grund für uns, sein Interview aus dem Jahr 2017 nochmals zu veröffentlichen. Wir wünschen Herrn Grohmann einen angenehmen Ruhestand.

Lesen Sie hier mehr: Nach 20 Jahren an der Spitze: SBO-Chef Grohmann tritt zurück.

Interview mit Gerald Grohmann, SBO, aus dem Jahr 2017

INDUSTRIEMAGAZIN: Herr Grohmann, wir haben Ihnen zwei unbeschriftete Charts mitgebracht. Sie gehen über die letzten 365 Tage und sehen fast identisch aus. Haben Sie eine Ahnung, worum es sich da handeln könnte?

Gerald Grohmann: Lassen Sie mich sehen. Das ist ziemlich eindeutig: Der eine Chart ist die SBO-Aktie, der andere die Entwicklung des Erdölpreises. Die Aktie Ihres Unternehmens entwickelt sich seit einem Jahr fast im Gleichschritt mit dem Erdölpreis.

Sie haben im vergangenen Jahr wieder eine zweistellige Marge erreicht. Und trotzdem: Fällt der Erdölpreis, fällt auch die SBO-Aktie. Finden Sie das eigentlich ungerecht? Grohmann: Nein, das ist bei börsennotierten Unternehmen so: Einmal geht die Aktie rauf, einmal runter. Es ist ganz und gar nicht ungerecht, weil es mich in meiner Unternehmenssteuerung überhaupt nicht beeinflusst. Ich treffe die Entscheidungen, die nötig sind, unabhängig davon, ob die Aktie kurzfristig fällt oder steigt. Ich kümmere mich darum, dass wir unsere Chancen wahrnehmen und uns gut am Markt positionieren. Und wenn das gegeben ist, dann steigt die Aktie über einen längeren Zeitraum mit hoher Wahrscheinlichkeit. Deshalb sehe ich kurzfristige Schwankungen völlig gelassen. Als ich den Vorstandsvorsitz der SBO im Jahr 2001 übernommen habe, lag die Aktie bei sieben, acht Euro. Inzwischen sind wir, obwohl wir eine Kapitalerhöhung vorgenommen und uns damit verwässert haben, bei sechzig Euro.

>>> Wie SBO seine Position im Mittleren Osten stärken will

IM: Auch wenn mit dem sinkenden Ölpreis das Fracking, also die Förderung von Schieferöl und Schiefergas, immer weniger rentabel wird? Schließlich sind Unternehmen, die Fracking betreiben, wichtige Kunden der SBO.

Grohmann: Kurzfristig führt der niedrige Erdölpreis natürlich dazu, dass weniger investiert wird. Fast alle großen Erdölgesellschaften haben angekündigt, ihre Ausgaben um zwanzig bis dreißig Prozent zu kürzen. Das trifft zum Glück nicht immer uns, aber es trifft auch uns. Und es trifft die Industrie als Ganzes. Wenn weniger investiert wird, sinkt die Aktivität, wenn weniger gebohrt wird, geht auch die Nachfrage nach Bohrausrüstung zurück. Solche Schwankungen sind wir aber gewohnt, es ist ja nicht der erste Zyklus, den wir managen. Und im Übrigen bin ich gar kein Freund eines übertrieben hohen Ölpreises, weil er die Nachfrage reduziert und dann auch hemmend auf das Geschäft wirken kann. Dass wir jetzt in kurzer Zeit einen Fall von über hundert auf sechzig Dollar pro Barrel erlebten, ist natürlich trotzdem nicht optimal. Andererseits kann das aber durchaus konjunkturbelebend auf Länder wirken, die auf Energieimporte angewiesen sind. Und das kurbelt dann die Globalkonjunktur an und führt unweigerlich zu einer höheren Nachfrage nach Energie und dann auch zu höheren Preisen.

IM: Höhere Preise sehe ich zwar an der Tankstelle, weil der starke Dollarkurs verhindert, dass der Preisverfall zur Gänze bei mir ankommt, von einem globalen Konjunkturaufschwung kann ich aber nur wenig erkennen.

Grohmann: Weil solche Entwicklungen immer eine Zeit brauchen. Die weltweite Bohraktivität, der sogenannte Rig-Count, fällt aber bereits, ganz besonders stark in Nordamerika. Von da an dauert es noch eine Zeit, bis auch die Produktion sinkt. Wenn dieser Rückgang dann mit gesteigertem Bedarf an Energie zusammenfällt, dann ist das der Punkt im Zyklus, an dem der Umkehrschwung bei der Entwicklung der Energiepreise einsetzt. Wir haben das schon einige Male erlebt und es ist am Ende immer recht schnell gegangen. Sogar 2009, wo alle geglaubt haben: Das wird jetzt aber eine langfristige Sache. Wir hatten 2009, auch wenn wir dennoch eine zweistellige Marge erwirtschaften konnten, einen Umsatzrückgang von einem Drittel. Aber schon 2010 ist es wieder aufwärts gegangen. Einiges spricht dafür, dass es auch diesmal eine relativ rasche Erholung geben wird.

IM: Und inzwischen hilft Ihnen der starke Dollar über die schlimmsten Turbulenzen hinweg.

Grohmann: Ich gebe zu, dass uns die derzeitige Euro-Dollar-Parität hilft, weil wir achtzig Prozent unserer Umsätze in Dollar machen. Allerdings haben wir auch fünfzig Prozent unserer Kosten in Dollar. 2001, als ich hier als CEO begonnen habe, hatten wir eine ähnliche Situation. Die EuroDollar-Parität lag mit 0,9 unter eins. Das war günstig für uns. Um 2005 kostete der Euro dann aber eineinhalb Dollar, zeitweise sogar um die 1,6. Wir haben auch diese Zeit gut überstanden.

IM: Auch wenn für Ihr Unternehmen ein starker Dollar positiv ist. Wenn der Euro, wie manche Prognosen behaupten, auf 0,75 Dollar fällt. Kann das für die österreichische Wirtschaft noch gut sein?

Grohmann: Ich habe heute in der Früh meine Glaskugel noch extra für dieses Gespräch poliert, ich kann Ihnen aber trotzdem beim besten Willen nicht sagen, ob diese Prognose eintreffen wird oder nicht. Den Dollarkurs vorherzusagen, ist ähnlich schwierig wie den Erdölpreis. Es ist klar, dass es eines Tages eine Gegenbewegung geben wird, leider lässt es sich kaum seriös sagen, wann genau. Aber grundsätzlich ist ein starker Dollar für Unternehmen, die Umsätze in Dollar machen, kein Nachteil, und das sind viele Unternehmen in Österreich. Auch wenn vielleicht kurzfristig der eine oder andere Tourist ausbleibt: Nachhaltigen Grund zur Sorge sehe ich da nicht.

IM: Aus Ihren Worten höre ich ungebrochenen Optimismus heraus.

Grohmann: Eigentlich versuche ich sowohl Optimismus als auch Pessimismus aus meiner Welt herauszuhalten. Ich versuche in Szenarien zu denken und je nachdem, wie sich die Welt entwickelt, die richtigen Maßnahmen zu treffen. Optimismus führt leider dazu, dass man dann vor lauter Glauben, dass es schon nicht so schlimm kommen wird, die notwendigen Schritte verzögert. Und im Pessimismus findet man nicht den Mut, Entscheidungen zu treffen, deren Folgen man am Anfang noch nicht voll erkennen kann. Dabei ist das bei fast allen wichtigen Entscheidungen nötig.

>>> SBO-Chef Grohmann: "Mit vollen Auftragsbüchern ins Jahr"

IM: Wenn Sie gern in Szenarien denken: Was halten Sie vom folgenden Szenario? Der billige Erdölpreis setzt dem US-amerikanischen Fracking dauerhaft zu, weil es aufgrund der hohen Förderkosten nicht rentabel ist. Damit verschiebt sich der Schwerpunkt der Erdölförderung wieder zurück in den nicht gerade von westlichen Werten und Demokratie geprägten, unsicheren arabischen Raum.

Grohmann: Noch vor wenigen Jahren hat man geglaubt, die USA hätten den Peak Oil überschritten, die amerikanischen Fördermengen gingen ja seit den achtziger Jahren zurück. Inzwischen sind die USA durch neue Technologien innerhalb kürzester Zeit zu einem der drei weltweit wichtigsten Erdölförderer geworden. Das hat die Vorherrschaft Saudi-Arabiens zumindest reduziert. Jetzt versucht Saudi Arabien das Ruder herumzureißen, indem es nicht wie früher die Produktion drosselt, um den Preis hochzuhalten, sondern indem es auf billiges Öl setzt und hofft, die USA werden da auf Dauer nicht mithalten können. Insofern mag es schon stimmen, dass die Abhängigkeit vom arabischen Öl wieder zunehmen wird. Ich sehe das aber nicht übermäßig dramatisch: Ich war gerade eine Woche in Bahrain und in Dubai und habe dort mit sehr vielen Geschäftsleuten gesprochen. Das sind alles verlässliche Partner, auch wenn sie, verständlicherweise, ihre eigenen Interessen haben. Insofern glaube ich, dass sich das geopolitische Risiko im Erdölgeschäft wie schon in der Vergangenheit wieder einpendeln wird.

IM: Es gibt zum Thema nieddriger Ölpreis auch ein Positivszenario: Weil Russland sich bei dem jetzigen niedrigen Level noch schwerer als sonst tut, sein Budget einzuhalten, könne der Westen mit mehr Druck als bisher auf eine russische Kursänderung im Ukrainekonflikt drängen.

Grohmann: Da wäre ich vorsichtig. Die Vergangenheit lehrt uns, dass überall dort, wo bestehende Machtverhältnisse durch Eingriffe von außen geändert wurden, keine wirkliche Verbesserung eingetreten ist. Wenn ich den Irak von heute mit dem Irak von vor zwanzig Jahren vergleiche, dann glaube ich nicht, dass wir dort einen großartigen Zuwachs an Sicherheit und Demokratie erlebt haben. Ähnlich ist es in den Ländern des arabischen Frühlings gewesen. Ich hoffe, dass Russland einen anderen Weg nehmen wird.

IM: So unsicher Zukunftsszenarien auch sind: Auf das Szenario, dass Fracking vorläufig einmal an Bedeutung verliert, dass die weltweite Bohraktivität eine Weile nachlassen wird, werden Sie sich als SBO wohl einstellen.

Grohmann: Ja, wobei da zwei Zeithorizonte zu berücksichtigen sind: Kurzfristig stellen wir uns darauf ein, dass 2015 ein schwieriges Jahr wird. Da schauen wir, dass wir auf der Kostenbremse stehen, und zwar bei allem, was wir tun. Und wir schauen, dass wir von dem verbleibenden, kleiner gewordenen Stück Kuchen möglichst viel abbekommen. Gleichzeitig wissen wir, dass das Erdölgeschäft zyklisch ist, dass es also irgendwann wieder bergauf gehen wird. Und dafür wollen wir gerüstet sein. Wir haben im Vorjahr ein Unternehmen in Kanada gekauft. Wir werden demnächst ein Tochterunternehmen in Saudi-Arabien eröffnen. Das heißt: Wir investieren, und wir rechnen mittelfristig mit einer deutlichen Erholung. Deshalb gibt es auch zwei Bereiche, wo bei aller Sorge um die Kostenstruktur der Rotschrift nicht angesetzt wird: Forschung und Entwicklung sowie Produkt- und Marktentwicklung. Wir haben außerdem auch nach der jüngsten Akquisition finanziell ausreichend Spielraum, um weiter zuzukaufen. Wobei man da dazu sagen muss, dass in einem Downcycle Unternehmen zwar günstiger zu haben sind, andererseits aber natürlich niemand verkauft, der nicht verkaufen muss.

IM: Ein Szenario hätte ich noch: Der Welt geht das Öl aus, Peak Oil wird Realität.

Grohmann: Peak Oil ist eine Realität. Jeder, der weiß, wie Erdöl entstanden ist, weiß, dass die Vorkommen nicht unendlich sein können. Allerdings sind sie auch nicht so knapp, wie manche glauben. Die Prognosen des Club of Rome, der vor vierzig Jahren prophezeit hat, in dreißig Jahren werde es kein Erdöl mehr geben, haben sich als definitiv falsch herausgestellt. Mehr noch: Durch die technologische Entwicklung sind wir in der Lage, den Peak Oil immer weiter hinauszuschieben. Das heißt: Erdöl und erst recht Erdgas sind noch für viele Jahrzehnte vorhanden. Allerdings wird der technische Aufwand, um an die Vorkommen zu gelangen, tatsächlich immer größer. Zusammen mit einem steigenden Bedarf, selbst sehr konservative Schätzungen gehen von einem Plus von dreißig Prozent bis zum Jahr 2040 aus, bedeutet das für unser Geschäft Gutes, denn um diesen Bedarf abzudecken, wird es viele neue Bohrungen brauchen. Dreißig Prozent bis 2040 klingt zunächst einmal nicht so viel. Wenn man aber bedenkt, dass zugleich die Förderraten von bestehenden Ölfeldern im Jahr um sechs bis acht Prozent zurückgehen, dann kann man die Dynamik schon erkennen. Dazu kommt noch, dass Schieferöl- und Schiefergasvorkommen nicht so groß sind wie konventionelle Vorkommen und hier generell häufiger gebohrt werden muss.

IM: Das heißt, jenes Bild aus Ihrem Unternehmen, von dem mir ein Kollege vor zehn Jahren erzählt hat, könnte sich wiederholen: Lauter Engpassmaschinen mit texanischen Fahnen drauf, weil die auf diesen Maschinen produzierten Teile dringend für die USA gebraucht wurden.

Grohmann: Das war damals tatsächlich so, die texanischen Fahnen waren eine Art Anfeuerung, eine zusätzliche Motivation. Sie sollten unsere Mitarbeiter daran erinnern, dass Kunden in Texas dringend auf die Teile, die auf diesen Maschinen hergestellt wurden, warten. Inzwischen haben wir unsere Kapazitäten erweitert, hier in Ternitz, aber auch in den USA, in England, in Vietnam, in Singapur. Denn bei jedem Aufschwung können die Kunden auf einmal nicht schnell genug unsere Bohrstrangteile bekommen. Darauf wollen wir vorbereitet sein.

IM: An neue Ölvorkommen zu gelangen, wird nicht nur technologisch immer schwieriger, sondern auch immer umweltbelastender. Wie leben Sie eigentlich damit, dass eine der wesentlichen Grundlagen Ihres Geschäfts die Ausbeutung von natürlichen Ressourcen ist?

Grohmann: Mir geht es hervorragend. Danke der Nachfrage. Im Ernst: Wir alle verbrauchen Ressourcen, ganz egal, was wir tun. Die Frage muss man daher anders stellen: Was ist die Alternative? Gerade im Energiebereich wird ja sehr viel von Alternativen gesprochen. Aber derzeit überleben die Alternativenergien, Wasserkraft ausgenommen, zum Großteil dank sehr starker staatlicher Unterstützung. Und angesichts der allgemein belasteten Staatsbudgets wird es zunehmend schwierig, mit Subventionen dafür zu sorgen, dass Alternativenergie leistbar bleibt. Abgesehen davon führen Subventionen immer auch zu Marktverzerrungen und in der Folge zu solchen Absurditäten, dass in Deutschland sehr umweltfreundliche Gaskraftwerke abgedreht werden und dafür Kohle aus den USA importiert wird. Das bedeutet: ein Drittel mehr an Umweltbelastung für eine vergleichbare Energieausbeute.

IM: Sie sind also nicht einer jener Leute, die die Umwelt und damit Zukunft unserer Kinder verspielen?

Grohmann: Nein, im Gegenteil. Ich glaube, dass wir unseren Teil dazu beitragen, dass das notwendige Öl und Gas um ein Vielfaches umweltfreundlicher gefördert werden kann als bisher. Der Kern unserer Technologie ist das Directional Drilling, das Richtbohren nach Öl, womit man zwischen drei bis fünf Kilometer vertikal und bis zu fünfzehn Kilometer horizontal bohren kann. Damit steigt die Menge, die pro Bohrloch ausgebeutet werden kann, was den auch ökologisch positiven Effekt hat, dass weniger gebohrt werden muss, um an die gleiche Menge Energie heranzukommen. Letztlich ist das aber bezogen auf Ihre Frage ein Nebenaspekt. Das Entscheidende ist: Ich denke, dass wir einen ganz wichtigen Beitrag dazu leisten, dass die Menschen ein gutes Leben führen können. Ein gutes Leben, weil sie nicht frieren müssen, ein gutes Leben aber auch, weil wir Arbeitsplätze schaffen. Arbeitsplätze hängen letztlich von der Industrialisierung ab, und die Industrialisierung braucht leistbare Energie.

>>> Wie Gas für die Industrie zum größten Problem wurde

IM: Abgesehen von der Herausforderung leistbare Energie: Was macht Ihren Job eigentlich spannender als andere Jobs?

Grohmann: Ehrlich gesagt habe ich mir diese Frage nie gestellt, weil ich das, was ich mache, mit großer Hingabe mache und nicht überlege, ob es besser oder interessanter ist als etwas anderes. Aber wenn Sie schon fragen: Die Zyklizität des Erdölgeschäfts ist zum Beispiel schon etwas, das eine sehr reizende Aufgabe darstellt. Und ich bin gern hier, weil ich mir über die Jahre ein Team aufgebaut habe, mit dem man auch in schwierigen Zeiten gut arbeiten kann.

IM: Hoch hinaus wollten Sie aber schon immer?

Grohmann: Ja, als Bergsteiger. Und als Segler auch noch sehr weit hinaus. Aber wenn sich Ihre Frage darauf bezieht, ob ich so etwas wie einen Karriereplan hatte oder einen Moment, wo ich gesagt hätte: Ich will Spitzenmanager werden, dann gab es das nicht. Eigentlich treibt mich heute dasselbe an wie vor vierzig Jahren, als ich als kleiner Projektingenieur in die Industriewelt eingestiegen bin: Ich will die Möglichkeiten, die Gestaltungsräume, die ich habe, so gut wie möglich ausschöpfen. Das mache ich bis heute, nur die Bereiche, für die ich zuständig bin, die sind nach und nach größer geworden. Und die Verantwortung. Obwohl ich auch da sagen muss: Wer erfolgreich sein will, muss in jeder Position bereit sein, Verantwortung zu übernehmen, egal ob als Projektmitarbeiter oder Vorstandsvorsitzender. Und er muss Spaß daran haben, was er tut.

IM: Trotzdem wird es auch an Ihrem Job Dinge geben, die Sie nicht mögen.

Grohmann: Mit der Frage tu ich mir wirklich schwer. Denn für mich gibt es immer das ganze Paket. Das ist wie beim Bergsteigen, da können Sie auch nicht sagen: Oben sein möchte ich schon, nur das Raufgehen gefällt mir nicht. Oder wie beim Segeln. Da kommt man auch gelegentlich in schwierige, vielleicht sogar gefährliche Situationen, aber es hilft nicht zu sagen: Das mag ich nicht. Da muss man dann schauen, wie man aus der schlechten Situation mit dem Wissen und dem Können, das man hat, wieder herauskommt. Aber in Summe ist es etwas, was man gern tut, sonst würde man es nicht tun. So ist es für mich im Beruf auch. Da gehört es dazu, auch mit Dingen fertig zu werden, die nicht vorhersehbar sind. Oder am Sonntag im Flugzeug zu sitzen, damit ich am Montag in der Früh dort bin, wo ich sein soll, und die ganze Arbeitswoche nutzen kann. Ich käme nie auf die Idee, mich darüber zu beklagen.

Zur Person

Der gelernte Maschinenbauer Gerald Grohmann (61) leitete seit 2001 die Schoeller-Bleckmann Oilfield Equipment SBO. Das Unternehmen stellt technologisch ausgefeilte Bohrausrüstung (auch) für die Schieferölförderung her. Die Kundenliste Grohmanns muss sich für Greenpeace-Aktivisten lesen wie die Satanischen Verse: Branchengrößen von Schlumberger bis Halliburton vertrauen auf Technologie made in Ternitz. Dem begeisterten Ferrari-Fahrer, der beruflich zwischen den geopolitischen Extremen Texas und Sibirien pendelt, wird auch intellektuell ein breiter Horizont nachgesagt.

>>> SBO beendet 2023 mit Rekordumsatz und startet mit neuem CEO ins Jahr

In der öffentlichen Wahrnehmung ist Grohmann im Vergleich zu Vorstandskollegen ähnlich mächtiger Unternehmen unterrepräsentiert. „Sträflich vernachlässigt“, wie einst sogar Vorstandskollege Wolfgang Eder in einem Interview meinte. Die SBO beschäftigt Ende des ersten Quartals 2023 rund 1.520 Mitarbeiter, davon 451 in Österreich. In ihrem Kerngeschäft, der Herstellung von Komponenten für das Directional Drilling von Erdöl und Erdgas, ist das Unternehmen Weltmarktführer mit einem Anteil von über fünfzig Prozent. In manchen Spezialnischen erreicht man sogar 80 Prozent. Im Jahr 2023 stieg der Umsatz um 17 Prozent auf den Rekordwert von 585 Millionen Euro.