Praxistest : Der ultimative Werkzeugtaschen-Test

Werkzeug Werkzeugtasche
© J. J. Kucek

Für die Neugierigen gibt es den Werkzeugtaschen-Vergleich auch als Übersicht in einer Fotostrecke. Grundsätzlich ist es ähnlich schwierig, Werkzeugtaschen miteinander zu vergleichen, wie auf einer Blumenwiese die schönste Blume zu finden. Klar: Bestimmte Anforderungen an Qualität, Robustheit und Praxistauglichkeit müssen die Dinger erfüllen, sonst haben sie in der Hand eines Profis nichts verloren. Doch mehr als bei technischen Geräten hängt die Entscheidung darüber, welches Exemplar nun top und welches ein Flop ist, von persönlichen Vorlieben ab. Und natürlich vom Einsatzgebiet. Ein Baustellenmonteur braucht etwas anderes als der IT-Techniker.

Da sich Werk und Technik aber auch um schwierige Aufgaben nicht herumdrückt, haben wir trotzdem den Versuch gewagt und Profi-Werkzeugtaschen zu einem Test antreten lassen. Um wenigstens eine kleine Orientierung in den unendlichen Weiten des Taschen-Universums zu schaffen, haben wir die Art der Modelle, die wir testen wollten, folgendermaßen eingeschränkt: Es sollten Taschen sein, keine Hartschalen- koffer und auch keine Rucksäcke. Und es sollten möglichst Allrounder zum Zug kommen, die den Preisrahmen von hundert Euro nicht sprengen. Sechs Hersteller waren am Ende mutig genug, sich der Herausforderung zu stellen, und schickten uns Testexemplare zu: B&W, Cimco, Facom, Irwin, Stanley und Würth.

Der erste Eindruck

Getestet haben wir wie folgt: Als Allererstes schauten wir auf die verwendeten Materialien und ihre Verarbeitung, prüften Nähte und Verschlüsse, suchten nach potentiellen Schwachstellen. Im zweiten Gang interessierte uns die Frage: Was kann die Tasche, wie viele Innentaschen und Halterungen hat sie, wie gut durchdacht ist sie, gibt es Unterteilungen und wie gut zugänglich sind diese? Am Ende kam auch noch der Praxis-Test: Einräumen, ausräumen, herumtragen, arbeiten.

Und das Ergebnis? Durchwegs positiv, auch wenn sich nicht jede Tasche gleichermaßen gut für jedes Einsatzgebiet eignet. Drei der getesteten Modelle versuchen, zum Teil sehr gekonnt, den Spagat zwischen Werkzeug- und Notebook-Tasche zu schaffen. Drei sind stärker auf der reinen Installateur-Seite, mit einem Laptop oder gar Papierkram braucht denen keiner kommen. Doch der Reihe nach.

Auch für Papier geeignet

Die B&W-Tasche - getestet haben wir das Modell service - überrascht durch ein Platzangebot, das man ihr zunächst nicht zutrauen würde. Kompakt wie eine größere Aktentasche, offenbart sie bei genauer Inspektion dann doch ein sehr vielfältiges Innenleben. Offensichtlich für Menschen gedacht, die neben technischen Tätigkeiten auch den einen oder anderen Verwaltungsjob zu erledigen haben, ist sie zweiteilig aufgebaut. Der „Büroteil“ mit Laptop-Fach und viel Platz für Akten und Papier kann daher auch separat geöffnet werden. Das Werkzeugfach wartet mit zwei Kammern auf, die durch eine herausnehmbare Mittelwand voneinander getrennt sind – eine Lösung, die unseren Testern gut gefiel, die allerdings auch einen Nachteil hat: Entfernt man die Trennwand dauerhaft, beraubt man sich damit auch der meisten Halterungsschlaufen. Positiv aufgefallen ist hingegen, dass es im Inneren der Tasche ein kleines Täschchen mit Reißverschluss gibt, das sich gut für wirklich wichtige Dinge wie den Autoschlüssel eignet. Und auch der verstärkte, wasserabweisende Boden sorgte durchwegs für Zustimmung.

Von der Idee ähnlich, aber etwas kleiner, nicht ganz so üppig ausgestattet, dafür deutlich leichter, fällt die von uns getestete Facom-Tasche (Modell BS.TLBP) aus. Auch sie hat ein Notebook-Fach, das allerdings in das Werkzeugfach der Tasche integriert ist. Dafür, dass die harten Werkzeuge dem Notebook keinen Schaden zufügen, sorgt eine recht großzügig gestaltete Polsterung. Anders als bei der B&W ist bei der Facom ein Teil der Werkzeug-Pockets außen aufgesetzt, eine Variante, die weniger Schutz, dafür aber schnellen Zugriff bietet. Wobei in Sachen schneller Zugang die Facom noch ein weiteres sehr schlaues Feature bietet: Die Vorderlasche ist mit einem halbrunden Reißverschluss ausgestattet, der einen Zugang zu den meisten Werkzeughalterungen ermöglicht, ohne dass man die Tasche öffnen muss. Und noch ein anderes Goodie sorgt für Freude: ein außen angebrachter Maßbandhaken. Vor allem ordnungsliebende Charaktere werden ihn schätzen, bei den mehr holistisch veranlagten Typen wird das Maßband wahrscheinlich trotzdem irgendwann im Inneren landen.

Zu den Taschen, die ihren Usern ein Notebook-Fach bieten, gehört auch die Cimco Workline (Modell 175132), das eindeutig kleinste Modell in unserem Test. Sie ist derart unauffällig, dass sie auch als ganz normale Alltags- bzw. Bürotasche durchgehen könnte. Vielleicht nicht ganz so hip wie die aus alten LKW-Planen hergestellten Freitag-Taschen, aber auf einer Technik-Fachhochschule könnte man sich damit bestimmt zeigen, ohne unangenehm aufzufallen.

In ihrem Inneren präsentiert sich die Cimco trotz beengter Platzverhältnisse unerwartet funktionell. Auch bei ihr sind Laptop und Werkzeugfach separat zugänglich, das Werkzeugfach lässt sich im 90-Grad-Winkel wegklappen. Die Verarbeitung ist hochwertig und wer bei seinen Einsätzen mit wenig Werkzeug auskommt, dafür auf einen gepflegten Auftritt angewiesen ist, wird mit der Cimco seine Freude haben. Was uns besonders gefiel: Obwohl sie klein, fein und eher für den gemäßigten Einsatz konzipiert ist, haben ihr die Cimco-Leute dennoch einen wasserfesten Boden spendiert. Und ein Reflektorband kann auch nicht schaden.

Fotostrecke: Der Werkzeugtaschen-Praxistest

War die Cimco das kleinste Modell unter den Taschen mit Notebook-Fach, so ist die Werkzeugtasche klein von Würth das kleinste Modell unter den getesteten Installateur-Taschen. Wie in dieser Kategorie durchaus üblich, besitzt die Würth eine querliegende Metallschiene, die ihr Stabilität verleiht und zugleich als Griff dienen kann. Für etwas längere Wege kann man sie sich mit Hilfe eines im Lieferumfang vorhandenen Schultergurts auch umhängen. Sehr elegant haben unsere Tester die mit Klettverschlüssen zu montierende Abdeckung gefunden. Denn damit schlägt Würth zwei Fliegen mit einer Klappe: Ohne die Abdeckung ist das Werkzeug sofort griffbereit, muss man aber doch Wege draußen im Regen bewältigen, kann die Abdeckung ganz simpel als Schutz montiert werden. Ebenfalls als sehr flexibel erwies sich das von Würth eingebaute Zwischenfach, das von unten zugänglich ist, das durch Herausnehmen der Zwischenwand aber auch völlig zum Verschwinden gebracht werden kann. Damit kann die Tasche gut an unterschiedliche Einsatzszenarien angepasst werden.

Der Riese in unserem Test heißt indessen Fat Max 18 Zoll. Mit dieser Tasche liefert Stanley das größte Modell im Feld. Und zugleich auch ein sehr praktisches. Was von außen mit einer großen Sporttasche verwechselt werden könnte, entpuppt sich beim Öffnen als ziemlich durchdachtes Profigerät. Der dicke Max hat einen Öffnungsmechanismus, der zwar von einem Reißverschluss abgeschlossen wird, der sich aber auf eine ähnliche Weise aufklappen lässt wie etwa Ärztetaschen. Damit ist einerseits perfekter Schutz des Werkzeugs gegeben, andererseits ist der Eingriff in die Tasche so breit und bequem, dass man selbst richtig große Teile ganz problemlos rausholen kann. Ja, auch Schlagbohrer und Oberfräsen. Und weil die Fat Max dafür gedacht ist, auch Schweres zu transportieren, hat sie einen sehr robusten Kunststoffboden aus Polypropylen. Das Innenleben ist ebenso aufgeräumt wie simpel: sieben verschiedene Werkzeugpockets und viele, viele Aufbewahrungsschlaufen. Und wem das nicht reicht, der bekommt außen auch noch ein paar, teilweise mit Klettverschlüssen versehene Zusatzpockets.

Pockets ohne Ende

Auch der amerikanische Taschenprofi Irwin war bei unserem Test dabei, mit dem Pro Large Tool Organizer, der ein wahres Feuerwerk an Aufbewahrungsmöglichkeiten anbietet: ein von unten zugängliches verschließbares Fach, ein von oben zugängliches offenes und dazu eine schier unendliche Zahl an Pockets an allen Außen- und Innenseiten: 48 Stück an der Zahl. Damit könnte man zur Not schon eine halbe Kfz-Werkstatt transportieren. Sehr robust fällt auch der Boden aus: eine hochgezogene LDPE-Schale, die Schlägen und schlimmster Witterung problemlos standhalten sollte. So viele Features haben allerdings auch ihren Preis. Der äußert sich nicht so sehr in Euros, mit knapp 66 Euro liegt die Irwin durchaus im Rahmen, aber doch im stattlichen Eigengewicht, den die Irwin auf die Waage bringt: fast drei Kilogramm. Für die Mehrzahl unserer Tester doch ein kleines Manko, neben der fehlenden Abdeckung für das obere Fach. Robustheits-Fans waren von dem Modell allerdings ziemlich begeistert.

Womit sich die Frage nach dem Endurteil stellt. Und die ist nicht leicht zu beantworten. Einen Sieger zu küren, ist unmöglich. Zu unterschiedlich sind die getesteten Modelle. Ein paar Tipps auszusprechen, trauen wir uns dennoch. Unter den Taschen mit Laptop-Fach hat uns die Cimco sehr gut gefallen, weil sie in ihrer Unauffälligkeit sogar als eine ganz normale Bürotasche durchgeht. Als unseren „Business-Tipp“ empfehlen wir sie vor allem für den Einsatz dort, wo sogar der Techniker wie aus dem Ei gepellt kommen sollte. Solche Branchen soll es ja geben. Am anderen Ende der Skala, also bei Taschen, die nicht verhehlen, dass sie für Werkzeuge gedacht sind, hat uns die Würth sehr gut gefallen. Vor allem wegen ihrer Wandlungsfähigkeit. Weshalb sie den „Flexi- Tipp“ verliehen bekommt. Und bei den Großen? Hier scheiden sich die Geister. Die meisten unserer Tester tendierten am Ende aber doch zur Fat Max von Stanley: Weil sie so geräumig ist, so gut verschließbar, so übersichtlich und am Ende auch noch leicht. Sie bekommt daher den „Montage-Tipp“.

Fotostrecke: Der Werkzeugtaschen-Praxistest