Ranking : Die besten Logistik-Unternehmen Österreichs

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Ende Juni ging den Herren in Essen der Schmäh aus. Noch im April hatten die Fachleute des rheinland-westfälischen Instituts für Wirtschaftsforschung klare Hinweise auf „stabile Zuwächse des Welthandels“ bejubelt. Acht Wochen danach meinten sie zu erkennen, der Welthandel habe wohl „an Schwung verloren“.

Grund für die Molltöne: Der Containerumschlag-Index, der Informationen von 75 Häfen kumuliert, war im Frühjahr deutlich schwächer ausgefallen als erwartet, das Frachtvolumen war zurückgegangen.

Dass der Index seit dem Jahr 2009 stetig bergauf weist und das Vorkrisenniveau längst überschritten hat, relativiert den Rückgang wohl. Wesentlich dramatischer war allerdings die Entwicklung des renommierten Baltic-Dry-Index. Der von der Londoner Baltic Exchange ausgewiesene Wert bildet die Frachtraten für Schiffstransporte von Trockenschüttgut ab und gilt als belastbarer Frühindikator für die Entwicklung der Wirtschaft.

Im Sommer erreichte der Index ein katastrophales Tief von rund 500 Punkten – angesichts eines Zehn-Jahres-Mittels von rund 3.000 Punkten ein absolutes Alarmzeichen. Eine Studie von JP Morgan kam jüngst zu dem Schluss, dass es in diesem Bereich nicht einmal mehr mit Dumpingpreisen möglich ist, die Gewinnschwelle zu überschreiten.

Heterogene Entwicklungen

Die beiden Indizes passen ins Bild: Die große Krise scheint zwar überwunden, doch in Fahrt kommt die Wirtschaft noch längst nicht. Österreichs Logistiker sind von diesen Einflüssen nicht abgekoppelt, sehen die Entwicklung aber grosso modo entspannt. Klaus Hrazdira, der COO der Augustin Quehenberger Group, bezeichnet die Entwicklung der Frachtraten und der Transportvolumina als heterogen:

„Die Frachtraten in Richtung GUS sind nahezu eingebrochen, und ebenso haben die Frachtraten aus Zentral- und Westeuropa in Richtung Türkei und Südosteuropa nachgegeben.“ Im Gegenzug seien allerdings die Frachtraten aus diesen Ländern in Richtung Zentral- und Westeuropa deutlich angestiegen, und in diesem Bereich selbst war die Entwicklung „über alles stabil“.

Bei Schenker erkennt man beim Transportvolumen „positives Potenzial“, betont aber, dass man nicht den Fehler machen dürfe, in jeden Preiskampf einzusteigen. „Die Entwicklung der Preise und der Margen sehen wir nach wie vor kritisch“, meint Schenker- Sprecher Wolfgang Schmid. Auch bei den Wienern freut man sich über die Entwicklung in Südosteuropa: „Das Sendungsvolumen aus der und in die Region ist gestiegen“, berichtet Schmid, „der positive Trend aus dem ersten Halbjahr setzt sich absolut fort.“

Besonders gut entwickeln sich laut Schenker die Märkte Bulgarien, Rumänien, Slowenien, Slowakei, Tschechien sowie die Türkei und Ungarn.

Möglich, dass Österreichs Logistiker ganz einfach nicht zu Alarmismus neigen – wahrscheinlich jedoch, dass vor allem die frühzeitige Expansion in die richtigen Märkte nun Früchte trägt. Vor allem die CEE-Region macht den Unternehmen bei allen Problemen unter dem Strich Freude.

Klaus Hrazdira bezeichnet die Entwicklung in Südosteuropa als besonders dynamisch, vor allem in Rumänien laufen die Geschäfte blendend, ebenso in den ex-jugoslawischen Staaten. Schwächen, sagt der Quehenberger-COO, zeigten sich eigentlich nur im Bereich der GUS, vor allem in Russland und der Ukraine. Den naheliegenden Schluss will er nicht ziehen:

„Diese Entwicklung ist aus unserer Sicht nur zum Teil der Ukraine-Krise und den Sanktionen zuzuschreiben. Bereits im zweiten Halbjahr 2013 war hier ein kontinuierlicher Abwärtstrend bei Importen und Produktion festzustellen, der sich durch die massiven Abwertungen der Währungen – vor allem des Rubel – gegen Ende des Jahres massiv verstärkt hat.“ Dementsprechend entspannt blickt Klaus Hrazdira auf die kommenden Monate. Nach einer stabilen Entwicklung des ersten Halbjahres sollte es in der zweiten Hälfte ähnlich weitergehen.

„Außerordentlich positiv“ zeigen sich dabei die Bereiche Retail und FMCG – und zwar sowohl im Hinblick auf Transportlösungen als auch bezüglich Kontraktlogistik- und Warehousing-Lösungen. Weniger erfreulich, meint Hrazdira, läuft es im Bereich der Automobil- und Zulieferindustrie.

Umsätze und Gewinne passen

Die Gelassenheit der Logistiker findet ihre Entsprechung in den Ergebnissen des INDUSTRIEMAGAZIN-Rankings. Die Entwicklung der Umsätze dürfte den meisten der im diesjährigen Ranking abgebildeten Unternehmen Freude machen. Unternehmen wie Unterer, Dachser, Wölfl oder Berger Logistik verbuchen sogar zweistellige Umsatzzuwächse. Spitzenreiter ist die Transdanubia, die von 2012 auf 2013 einen Sprung von 150 auf 183 Millionen Euro meldet: ein Plus von knapp 22 Prozent.

Wichtiger noch: Die Logistiker machen auch Gewinne. Zwar sind die Unternehmen bei der Frage nach diesen Daten traditionell mehr als zurück- haltend. Doch glaubt man den im Firmenbuch hinterlegten Angaben, ging es auch mit dem Ebit im letzten Jahr bei vielen bergauf. Die Rail Cargo Austria etwa meldet ein Ebit von 76 Millionen Euro (nach 56 im Jahr 2012), die Gartner Holding erreichte eine Steigerung von knapp 13 auf 17 Millionen Euro.

Geld, das auch ausgegeben wird. Gebrüder Weiss etwa hat auch für 2014 durchaus Expansionspläne. Zwischen Esslingen bei Stuttgart und Elin Pelin bei Sofia werden derzeit Aus- und Neubau von Speditionsterminals realisiert, erzählt CEO Wolfgang Niessner. In Lauterach wird dazu die Speditionsanlage fertiggestellt, und in Hall in Tirol sowie Maria Lanzendorf bei Wien wird vergrößert.

„In Brünn planen wir außerdem einen Neubau, in Belgrad wurde der Grundstein gelegt, und in Sofia wird aktuell gebaut, wo nach Fertigstellung der jetzige Standort gewechselt wird. Wir investieren in eigene Anlagen, weil Substanz gut ist und man mit eigenen Anlagen genauso flexibel agieren kann wie mit gemieteten.“ Nur eines, sagt Wolfgang Niessner, komme dezidiert nicht infrage: eine eigenständige Expansion auf die „reifen Märkte“ in Westeuropa. „Denn dort arbeiten wir seit Jahrzehnten mit bewährten Partnern zusammen, und das soll auch so bleiben.“

Keine Rede also von übertriebener Zukunftsangst. Eine gleichbleibend gute Entwicklung erwartet man etwa auch bei der Gartner KG im zweiten Halbjahr. Abgesehen von Griechenland seien derzeit alle europäischen Märkte, in denen das Unternehmen aktiv ist, „in Ordnung“, und sowohl Frachtraten als auch Transportvolumina sollten in den kommenden Monaten ansteigen, heißt es knapp aus Lambach.

Das Starren auf Leitindizes sei denn auch weniger relevant – und die Herausforderungen ganz andere, sagt Wolfgang Niessner: „Die Anforderungen im Bereich der Telematik und Sicherheit steigen in unserer Branche. Auch sehen wir uns mit sich stetig ändernden und verschärften gesetzlichen Rahmenbedingungen konfrontiert, an die wir unsere Kundenlösungen anpassen. Und zugleich müssen wir eine sinnvolle Verbindung von Ökonomie und Ökologie im Blick haben.“

Ausschläge nach oben

Wer den Blick dennoch auf die Indizes richtet, könnte derzeit wieder etwas Optimismus schöpfen. Seit Mitte August erlebt der Baltic Dry einen ebenso unerwarteten wie heftigen Ausschlag nach oben und hat (zu Redaktionsschluss) die 1.000-Punkte-Marke wieder über- schritten.

Der Containerumschlag-Index des RWI erholte sich zuletzt von 121,3 auf 123,2 Punkte und erreichte damit sein Alltime-High. „Der Welthandel“, heißt es in Essen, „hat sich allem Anschein nach wieder etwas kräftiger ausgeweitet.“ So schnell kehrt auch der Schmäh wieder ein.