Strategie : Die Wende bei Thyssenkrupp ist "noch nicht ganz geschafft"

Vier Jahre, nachdem Guido Kerkhoff in den Stahlkonzern Thyssenkrupp als Sanierer eingestiegen ist, sieht der Finanzvorstand sein Ziel in Reichweite: "1,6 bis 1,7 Milliarden Euro nicht weit entfernt von den zwei Milliarden", so Kerkhoff gegenüber Bloomberg. Nach etwas mehr als vier Jahren sei die Wende noch nicht ganz geschafft. Aber man hätte im Konzern markante Verbesserungen erzielt und die wichtigsten Risikofaktoren ausgeschaltet. Thyssenkrupp hat für die drei Geschäftsjahre bis 2013 jeweils Nettoverluste berichtet, sich allerdings einen Gewinn vor Steuern und Zinsen von mindestens zwei Milliarden Euro pro Jahr zum Ziel gesetzt.

Kerkhoff und CEO Heinrich Hiesiger sind scheinbar optimistisch, dass der Plan, Thyssenkrupp zu einem diversifizierten Industriekonzern umzubauen, funktioniere. Die Verträge beider Top-Manager wurden für eine zweite Amtszeit verlängert.

Stahl macht dabei heute im Konzern etwa 30 Prozent vom eingesetzten Kapital aus - 65 Prozent waren es, als Hiesiger und Kerkhoff das Geschäft übernommen haben. Stattdessen investiert das Unternehmen in zunehmendem Maße in die Herstellung von Aufzügen, Auto-Komponenten und liefert Fertigungssysteme. "Das diversifizierte industrielle Konzept macht sehr viel Sinn", so Kerkhoff. "Wir konzentrieren uns stark auf das profitable Investitionsgüter- und Dienstleistungsgeschäft."

Das Geschäft sei vor November 2013 um einiges schwerer gewesen, als das Unternehmen eine Vereinbarung traf, sein unrentables US-Stahlwerk für 1,55 Milliarden Euro zu verkaufen. In dem Jahr kappte ThyssenKrupp auch alle finanziellen Verbindungen zum finnischen Edelstahlkonzern Outokumpu Oyj und musste das Kapital erhöhen. "Es war das schlimmste Jahr in meiner beruflichen Laufbahn", schilderte Kerkhoff, der vor Thyssenkrupp bei der Deutschen Telekom beschäftigt war. "Wir verhandelten Tag und Nacht, das ganze Jahr über. Mein Urlaub beschränkte sich auf einen Samstag - und da regnete es."

Nachdem Thyssenkrupp im April auch die VDM-Sparte für einen Buchverlust von 100 Millionen Euro abstieß, sind zwei weitere Verkäufe geplant: das italienische Edelstahlwerk AST und eine brasilianische Stahl-Tochter. "Wir brauchen für beide Geschäftsbereiche eine Lösung", sagte Kerkhoff. "Solange sie kein Geld verbrennen, dreht sich alles darum, eine angemessene Bewertung zu erzielen, und das ist für mich das wichtigste Ziel. Es geht nicht nur darum, sie loszuwerden."

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