Personalia : Folgt Roiss auf Roiss? Drei Szenarien für die OMV-Nachfolge

Der Kampf um ein mögliches Comeback von OMV-Chef Gerhard Roiss an der Spitze des heimischen Mineralölkonzerns wurde bei der heutigen Aufsichtsratssitzung vertagt. Eine Entscheidung soll erst am 27. März bei einer außerordentlichen Sitzung erfolgen.

Eigentlich schien bis vor kurzem alles klar: Der Vertrag von OMV-Chef Roiss sollte vorzeitig aufgelöst werden. Das hat das Aufsichtsratspräsidium der OMV schon im Oktober vorigen Jahres beschlossen. Als Grund wurde ein Zerwürfnis im Vorstand und mit Teilen des Aufsichtsrats angegeben. Fast im Wochenrhythmus sind seither neue, meist obskure Hintergründe zum Machtkampf an der Spitze des heimischen Mineralölkonzerns bekannt geworden. Und sie werden auch weiterhin nicht abreißen, denn der Aufsichtsrat hat heute wieder keine Entscheidung getroffen. Bei der Nachfolge für Roiss kommt es zur skurrilen Situation, dass die Aufsichtsräte der ÖIAG, die selbst in weniger als einem Monat den Hut nehmen müssen, über die Zukunft der OMV entscheiden.

Ein "deutscher Manager, der aus der Branche kommt und über beste Kontakte nach Russland verfügt" solle die besten Chancen auf den Posten haben, berichtet die Tageszeitung Der Standard. Der Haus und Hof-Headhunter der ÖIAG, Korn Ferry, wurde vom Aufsichtsgremium im Herbst kurz nach dem Beschluss zur vorzeitigen Auflösung des Roiss-Vertrages mit der Nachfolgesuche betraut. Nach etlichen Drehungen und Wendungen habe sich nun eine Person herauskristallisiert, die mehrheitsfähig zu sein scheint, so der Standard.

Drei Szenarien

Es gibt jedoch auch durchaus andere Szenarien, die derzeit kolportiert werden: Bei einem "Stand-by-Szenario" würde Rudolf Kemler auf sein Anrecht, einen neuen Generaldirektor zu bestellen, verzichten. OMV-Vorstandschef Gerhard Roiss würde auf seinem Posten bleiben, spekuliert das Wirtschaftsblatt. Roiss würde einen einvernehmlich verkürzten Vertrag bis Ende Juni erfüllen, während die Eigentümer - die Republik und die staatliche Investmentgesellschaft Ipic - die Suche nach einem neuen CEO fortsetzen. Sollte bis Ende Juni kein passender Nachfolger gefunden wird, könnte Roiss eine Verlängerung angeboten werden. Dieser könnte damit den Konsolidierungskurs fortsetzen und an einen Nachfolger übergeben. Zuletzt hatten sich mehrere Wirtschaftstreibende formiert, um den scheidenden Vorstand des Mineralölkonzerns über den 30. Juni 2015 hinaus im Amt zu halten.

Ein "Chaos-Szenario" beschreibt einen Alleingang des Noch-ÖIAG-Vorstandes Kemlers, der mit einer Mehrheit im Aufsichtsrat auch ohne Einverständnis der Eigentümer einen neuen Vorstandsvorsitzenden durchsetzen könnte. Doch der Vertrag des aktuellen OVM-Chefs Roiss wäre trotz der Bestellung eines Nachfolgers bis Ende Juni intakt. Roiss könnte seinen Weg - eventuell entgegen den Plänen eines neuen Chefs - weitergehen. Roiss hätte trotz seines dominanten Führungsstils nach wie vor Anhänger im Unternehmen – darunter jene, deren Arbeitsplätze von seinem CEO-Dasein abhängen. Dies würde das Image des Unternehmens sowohl nach innen, als auch nach außen beschädigen.

Das "Gentleman-Szenario" soll, so das Wirtschaftsblatt, ebenfalls nicht unwahrscheinlich sein. Hier entschließt sich der Aufsichtsrat für den Finanzvorstand David C. Davies als Roiss-Nachfolger. Der Brite übernimmt die OMV-Leitung und führt so lange die Geschäfte, bis die neue ÖBIB einen geeigneten Nachfolger auserkoren hat. Statt seinem langjährigen Vorstandskollegen Steine in den Weg zu legen, würde Roiss die Abfindung kassieren und das Unternehmen vielleicht noch vor dem 30. Juni 2015 verlassen. Damit könnten die Eigentümer Zeit gewinnen, um einen qualifizierten Manager für den Chefposten des größten österreichischen Konzerns zu finden. Davies würde den von Roiss verordneten Sparkurs weiterführen. Sobald der neue CEO feststeht, kann der Brite, dessen Vertrag bis April 2017 läuft, den Konzern geordnet an seinen Nachfolger übergeben.

Gerüchte um "Entmachtung".

Der am 2. April 1952 geborene OMV-Chef Roiss, über dessen Nachfolge sich morgen der Aufsichtsrat der ÖIAG den Kopf zerbricht, ist seit Anfang der 1990er Jahre im Öl-, Gas- und Chemiekonzern leitend tätig, seit 1. April 2011 als Vorstandschef. Gerüchte um eine mögliche vorzeitige Vertragsauflösung hatten sich zuletzt verdichtet, entscheiden soll am Mittwoch der Aufsichtsrat.

Erste Gerüchte über eine eventuelle vorzeitige Ablöse von Roiss hatten sich schon MItte des Vorjahres verdichtet, nachdem im Sommer 2014 ÖIAG-Chef OMV-AR-Vorsitzender Rudolf Kemler den E&P-Vorstandsdirektor Jaap Huijskes, der aus privaten Gründen selbst 2016 den Hut nimmt, als möglichen Roiss-Nachfolger ins Spiel gebracht hatte.Roiss selbst wiederum soll Mitte August in einem Brief an Kemler die Aufspaltung des Gas&Power-Bereichs in zwei größere Sparten gefordert haben, um den - so die Mutmaßung in Medien - "ungeliebten" Gas-Vorstand Hans-Peter Floren zu "entmachten". Dieser ist zum jetzigen Zeitpunkt nicht mehr im Vorstand vertreten, so der Standard.

Zweifellos bedarf die OMV-Gasstrategie einer Überarbeitung, zuletzt hatte es hier auch Misserfolge gegeben - von der gescheiterten Lang-Version der geplanten "Nabucco"-Gasleitung über das teils auch verlustträchtige Gastrading (EconGas) bis hin zur einer früher angepeilten Kette von Gaskraftwerken von Bayern bis in die Türkei, die aus verschiedensten Gründen unrealistisch geworden ist. Die neue OMV-Gasstrategie solle in sechs bis zwölf Monaten fertig sein, hatte Roiss zuletzt Ende August erklärt.

Studium in Stanford

Roiss, der in der WU Wien, in Linz und Stanford (USA) seine Wirtschaftsausbildung absolviert hatte, war 1990 mit der Leitung des OMV Marketing betraut worden und wurde Vorstandsmitglied der PCD Polymere GmbH, 1997 deren Vorstandsvorsitzender.

OMV-Vorstand seit 1997

Seine erste Vorstandsaufgabe in der OMV-Konzernleitung übernahm Roiss 1997 - und zwar für Kunststoffe und Chemie. Im Jahr 2000 erhielt er zusätzlich den wichtigen Geschäftsbereich Exploration und Produktion (E&P) übertragen, "die" Cash-Cow des Ölriesen. Mit Jänner 2002 avancierte Roiss zum Vize-Generaldirektor und leitete ab sofort den Bereich Refining und Marketing (R&M) samt Petrochemie. Die damals noch opportune Expansionsstrategie im Marketing (Tankstellen) und in der Verarbeitung wurde später angesichts der Raffinerie-Überkapazitäten in Europa zurückgenommen, von im CEE-Raum aufgebauten Zapfsäulen trennte man sich nach und nach wieder. Mit 1. April 2011 wurde Roiss OMV-Generaldirektor. Er ist auch Aufsichtsratschef der Rumänien-Tochter Petrom und bei der türkischen Petrol Ofisi. (mi)