ÖIAG : Raidl: „Die Gruppe ist unkontrollierbar“
INDUSTRIEMAGAZIN: Herr Raidl, das ÖIAG-Gesetz aus dem Jahr 2000 trägt Ihre Handschrift. Alles richtig gemacht?
Claus Raidl: Ich habe geglaubt, dass wir mit der Idee der Selbsterneuerung des Aufsichtsrates den Parteieneinfluss zurückdrängen. Was ich nicht erwartet habe, war, dass wir zwar die Parteien zurückgedrängt haben, aber dass damit ein unkontrollierbares Gremium geschaffen wurde, das eigene Interessen verfolgt. Das habe ich nicht gesehen.
Eigene Interessen?
Raidl: Minerva war für mich ein Sündenfall. 2003 wurde ernsthaft überlegt, die Voestalpine an Magna zu verkaufen – unter dem Codenamen Minerva. Das war von langer Hand vorbereitet und im ÖIAG-Aufsichtsrat bekannt. Das konnte gerade noch verhindert werden. Ähnliche Situationen haben wir heute auch. Es werden andere Interessen verfolgt als jene der Eigentümer – ohne jede Kontrolle.
Wie maßlos kann politischer Einfluss in Staatsunternehmen sein?
Raidl: In den 80er Jahren hatten wir schon noch immer das Problem, bei drastischen Maßnahmen wie Kündigungen mit der Politik zusammenzustoßen. In den 90er Jahren waren diese Einflüsse praktisch weg. Als ich 1991 Böhler-Uddeholm in einer schwierigen Phase übernommen habe und Leute abbauen musste, hat mir die Politik nicht mehr dreingeredet.
Ist Ihre Idee der entpolitisierten ÖIAG gescheitert?
Raidl: Ich habe dazugelernt. Ich bin heute der Meinung, es ist besser, der Eigentümer bestellt die Aufsichtsräte. Ich habe zwar das Risiko des parteipolitischen Einflusses, aber das ist wenigstens über das Parlament und letztendlich durch Wahlen kontrollierbar. Heute ist diese Gruppe im ÖIAG-Aufsichtsrat nicht kontrollierbar.
Claus Raidl war ab 1982 unter anderem Mitglied des Vorstandes der Österreichischen Industrieverwaltungs AG, später des ÖIAG-Vorgängers Austrian Industries und bis 2010 Vorstandsvorsitzender der Böhler-Uddeholm AG.