Kohle & Gas : RWE hofft auf Hilfe eines arabischen Investors

"Wir prüfen verschiedene Möglichkeiten einer Zusammenarbeit", erklärt RWE. Keine Form sei ausgeschlossen. Ob es dazu kommt, ist allerdings völlig offen. Doch die Hoffnung auf ein Märchen aus 1001 Nacht beflügelt die Fantasie der Anleger. RWE ist in Österreich maßgeblich an der Kärntner Kelag beteiligt ist, im Aufsichtsrat sitzt der frühere ÖVP-Bundeskanzler Wolfgang Schüssel.

Nach Einschätzung von Experten könnten beide Seiten profitieren. "Investoren aus dem arabischen Raum wären sicher an deutschem Know-How interessiert", erläutert ein ranghoher Unternehmensberater, der namentlich nicht genannt werden will. Deutsches Ingenieurwissen genieße weltweit einen hervorragenden Ruf. "Im Gegenzug bekäme man langfristige Investoren und verlässliche Partner. Es ist also eine Win-Win-Situation."

RWE brechen wegen des Preisverfalls bei den Strom-Großhandelspreisen die Gewinne weg. Der beschleunigte Atomausstieg und der Druck der Politik auf die Kohlekraftwerke bereiten Vorstandschef Peter Terium zusätzliche Kopfschmerzen. Den Versorger drücken Schulden von 31 Milliarden Euro. Der durch eine Vertragsverlängerung bis 2021 gestärkte Niederländer dreht derzeit auf der Suche nach weiteren Einsparmöglichkeiten jeden Stein um. Eine Beteiligung eines arabischen Investors über eine Kapitalerhöhung mit etwa zehn Prozent würde RWE rund 1,5 Milliarden Euro bringen. Die selbst hoch verschuldeten Kommunen aus Nordrhein-Westfalen, die mit knapp 24 Prozent größter Einzelaktionär sind, könnten dabei kaum mitziehen und fürchten um ihren Einfluss. "Eine Kapitalerhöhung wäre für uns sehr problematisch", sagen sie.

"Eine Beteiligung über eine Kapitalerhöhung ist natürlich wegen der damit verbundenen Verwässerung der Aktien erst einmal schlecht", sagt auch der Hauptgeschäftsführer der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW), Marc Tüngler. Wenn auf diese Weise aber ein arabischer Investor ins Boot käme, würden die positiven Aspekte überwiegen. "RWE kann frisches Geld gut gebrauchen. Es wäre auch ein Vertrauensbeweis für den Konzern."

Es gebe bisher keine Vereinbarung, erklärt RWE. Insidern zufolge hatte es schon zu Zeiten von Teriums Vorgänger Jürgen Großmann Gespräche mit potenziellen Partnern in der Region gegeben - allerdings ohne Ergebnis. Andere Versorger haben bereits solche Investoren in ihren Reihen. "Exotische Großinvestoren bei europäischen Utilities sind nicht unüblich", sagte der Portfolio-Manager von Union Investment, Thomas Deser. So hält beispielsweise Katar knapp zehn Prozent an dem spanischen Versorger Iberdrola. "Es zeigt anderen Investoren, dass erhöhtes Vertrauen in die langfristige Tragfähigkeit des Geschäftsmodells besteht."

Auch ohne Kapitalbeteiligung könnte RWE von einer Zusammenarbeit profitieren. So könnte der bisher vor allem auf Europa fixierte Konzern seine Geschäfte in der zahlungskräftigen Golf-Region ausbauen. RWE könne den dortigen Partnern beim Aufbau des Geschäfts mit erneuerbarer Energie helfen, sagte ein Branchenexperte. Diese könnte bei Ausbau der Stromversorgung eine Stufe überspringen. "An Kohlekraftwerken haben die kein Interesse." Natürlich könnten arabische Investoren sich auch an Ökostromprojekten in Europa beteiligen. RWE-Chef Terium hat bereits angekündigt, die Geschäfte in der Golf-Region ausbauen zu wollen. Dabei handle es sich aber nicht um kapitalintensive Projekte. Der Versorger hat beispielsweise mit dem staatlichen Versorger Dubai Electricity & Water Authority (DEWA) ein Energieberatungsunternehmen gegründet.

Investoren in der Golf-Region halten immer wieder Ausschau nach Unternehmen in Deutschland. Sie sind unter anderem an Daimler, Volkswagen und der Deutschen Bank beteiligt. Selbst eine Zusammenarbeit ohne den Erwerb eines Aktienpakets wäre aus Sicht von Aktionärsschützer Tüngler ein Schritt nach vorne. "Das wäre eine Story. Das sorgt für Fantasie. Die Aktionäre von RWE dürsten nach neuen Ideen." (apa/Reuters)