Geldpolitik : Schweiz kämpft mit Negativzins gegen den Sturm auf den Franken

Die Schweizer Notenbank reagiert mit einem historischen Schritt auf die Kapitalflucht in die Alpenrepublik: Um den Franken-Kurs trotz der Turbulenzen um den russischen Rubel gegenüber dem Euro stabil zu halten, führte die Schweizerische Nationalbank (SNB) am Donnerstag erstmals in ihrer Geschichte Negativzinsen auf Einlagen von Banken bei der Zentralbank ein.

Mit 0,25 Prozent ist der Strafzins höher als die 0,2 Prozent, die die Europäische Zentralbank (EZB) von den Banken der Eurozone verlangt, wenn sie Geld bei ihr parken. Damit soll ausländisches Geld von der Schweiz ferngehalten werden, um zu verhindern, dass sich der Schweizer Franken weiter aufwertet.

Abschrecken will die SNB vor allem große internationale Anleger. "Es geht um ganz große Beträge, etwa von Hedgefonds, die hin und her geschoben werden", begründete SNB-Präsident Thomas Jordan den Schritt. Für solche Anleger ist es günstiger, ihre Millionen in der Schweiz zu parken anstatt in der Eurozone, wo seit Juni der EZB-Strafzins wirksam ist.

Nun erwartet die SNB, dass Banken den Negativzins an ihre Großkunden weitergeben und diese dann die Schweiz meiden. Dass die Banken Kleinsparern einen Strafzins aufbrummen, erwartet Jordan nicht. Die SNB erhebt den Negativzins auch nicht auf die gesamten Einlagen. Gewisse Beträge, die von den jeweiligen Mindestreserve-Pflichten abhängig sind, sind von dem Negativzins ausgenommen.

Euro klebt am Mindestkurs

Seit Mitte November klebte der Euro an dem seit rund drei Jahren geltenden Mindestkurs. Die SNB kaufte nach Jordans Worten in der jüngsten Vergangenheit laufend Euro, ohne dass das allerdings viel änderte. "Der Druck auf die Untergrenze ist wahrscheinlich zu groß geworden", sagte der Credit-Suisse-Devisenexperte Maxime Botteron. 2012 war die SNB mit mehreren hundert Milliarden Franken im Markt. Der Euro zog lediglich ganz leicht auf 1,2042 Franken an, von Kursen um 1,2010 Franken vor dem Schritt der SNB.

Die SNB wird, wie Jordan auch jetzt wieder versicherte, den Mindestkurs mit aller Kraft verteidigen. Sie sieht keinen anderen Weg. Eine Aufwertung der heimischen Währung würde über sinkende Importpreise die Deflationsgefahren verstärken. Schweizer Firmen müssten ihre Kosten drastisch senken, um eine Verteuerung ihrer Exportgüter zu verhindern. "Wir müssen verhindern, dass die Inflationserwartungen ins Negative abrutschen", sagte Jordan. Die SNB peilt wie auch die EZB eine Inflationsrate von bis zu zwei Prozent an. Das Ziel liegt in weiter Ferne. Im nächsten Jahr rechnet die SNB auch wegen der Ölpreisentwicklung mit einem leichten Rückgang des Preisniveaus.

Frist bis 22. Jänner 2015

Gelten wird der Negativzins ab dem 22. Jänner. Das ist der Tag, ab dem die EZB nach Überzeugung vieler Beobachter beschließen könnte, mit dem Kauf von Staatsanleihen die Kapitalmärkte noch einmal mit Geld zu fluten. Ob der Schweizer Negativzins dann seinen Zweck erreicht oder schon bald erhöht werden muss, ist nach Ansicht von Experten offen.

"Ob die Negativzinsen der große Befreiungsschlag sind, mag bezweifelt werden", sagte der Chefvolkswirt der Liechtensteiner VP Bank, Thomas Gitzel. Es könnte immer noch Anleger geben, die darauf spekulieren, dass der Euro-Mindestkurs nicht hält und dann hohe Aufwertungsgewinne winken, so der Chefvolkswirt der St. Galler Kantonalbank Thomas Stucki. "Die Nationalbank wird nicht darum herumkommen, zusätzlich Euro zu kaufen", sagte Stucki.

"Schlacht zwischen der SNB und der EZB hat begonnen"

"Die erwartete Schlacht der geldpolitischen Maßnahmen zwischen der SNB und der EZB hat begonnen", erklärte der Devisenexperte Laurent Bakhtiari von der Genfer igbank. "Die SNB muss der EZB jetzt immer einen Schritt voraus sein, wenn sie die Euro-Untergrenze von 1,20 verteidigen will". SNB-Präsident Jordan schloss nicht aus, dass der Negativzins weiter erhöht werden könnte. Eine Abschaffung in absehbarer Zeit, schloss der SNB-Chef auf jeden Fall aus. (reuters/apa)