Übernahme : Sika wendet feindliche Übernahme durch Saint-Gobain vorerst ab

Mit dem Entzug der Stimmrechte verhinderte Sika, dass der Verwaltungsrat mit Saint-Gobain-treuen Mitgliedern neu besetzt wird und die Franzosen damit das Sagen bekommen. Verwaltungsrat und Management des Schweizer Bauchemie- und Klebstoffherstellers Sika erhalten dabei prominente Rückenstärkung. Internationale Investoren mit der Stiftung von Bill und Melinda Gates unterstützen den Widerstand gegen die Übernahme durch den französischen Konkurrenten Saint-Gobain.

Der Sika-Hauptaktionär, die Familie Burkard, will den Kontrollwechsel aber mit rechtlichen Mitteln erzwingen. Daher drohen Gerichts-Streitigkeiten, die bis ins nächste Jahr anhalten könnten.

"Es ist sicher die wichtigste Generalversammlung in der über 100-jährigen Geschichte unseres Unternehmens", erklärte Verwaltungsratspräsident Paul Hälg vor 675 Aktionären. Zusammen mit seinen Kollegen will er verhindern, dass die im Dezember angekündigte Übernahme der Mehrheit an Sika durch Saint-Gobain besiegelt wird. Verkäuferin ist die Gründerfamilie, die zwar nur rund 16 Prozent des Kapitals, aber 53 Prozent der Stimmen hält. Für den Verkauf dieses Anteils sollen die Burkards 2,75 Milliarden Franken (2,65 Milliarden Euro) einstreichen, eine Prämie von 80 Prozent zum Aktienkurs.

"Die Transaktion zerstört den Wert dieses Traditionsunternehmens und dessen Wachstumschancen", warnte Hälg. Im wichtigsten Wachstumsbereich, dem Mörtelgeschäft, seien Sika und Saint-Gobain Konkurrenten. Zudem wollten verschiedene Kunden nicht mit Saint-Gobain zusammen arbeiten, sodass Umsatzausfälle drohten.

Um den Machtwechsel zu verhindern, beschnitt der Verwaltungsrat auf der Aktionärsversammlung die Stimmkraft der Burkards bei jenen Abstimmungen, die sich auf die Transaktion beziehen, auf fünf Prozent. Unter dem Applaus vieler Kleinaktionäre retteten sich damit der Verwaltungsrat und sein Präsident vor einer Abwahl. Auch viele angelsächsische Großanleger wie der Stiftung von Microsoft-Gründer Bill Gates unterstützten den Verwaltungsrat im Kampf gegen Saint-Gobain.

"Enteignung ungeheuerlich"

Die Beschränkung will die Familie aber nicht hinnehmen. "Was der Verwaltungsrat vorhat, ist schlicht eine Enteignung", erklärte ihr Vertreter Urs Burkard. "Das ist ungeheuerlich für einen Rechtsstaat wie die Schweiz." Bereits zuvor hatte die Familie in Aussicht gestellt, Beschlüsse der Generalversammlung anzufechten, die ohne ihre Stimmen gefasst wurden. Viele Experten rechnen deshalb mit einem monatelangen Rechtsstreit, der erst vor dem höchsten Schweizer Gericht ein Ende finden könnte. "Sie haben heute die Voraussetzung geschaffen, dass künftig in ordentlichen Gerichtsverfahren alle noch offenen Fragen geklärte werden können," sagte Hälg zum Schluss der über siebenstündigen Versammlung. Saint-Gobain bekräftigte ihre Entschlossenheit, die Übernahme umzusetzen und vertraue auf die Schweizer Gerichte. Am 24. Juli will die Familie zudem einen weiteren Versuch unternehmen, den Verwaltungsrat auf einer weiteren Aktionärsversammlung abzulösen.

Insidern zufolge sind die Fronten verhärtet, Gespräche zwischen den Kontrahenten gibt es zur Zeit offenbar nicht. Der Verwaltungsrat will die Türe zu einer Einigung aber nicht zuschlagen. "Selbstverständlich halten wir uns weiter für konstruktive Gespräche bereit", erklärte Hälg. So habe der Verwaltungsrat einen Alternativ-Vorschlag ausgearbeitet. Dabei soll die Familie eine Prämie für ihre Anteile erhalten. Weitere Einzelheiten wollte er zunächst nicht preisgeben. (apa/Reuters/sda)