Logistik : Strenge Umweltauflagen in Nord- und Ostsee machen Fähren teurer

Im neuen Jahr treten auf Nord- und Ostsee strengere Umweltregeln für die Schifffahrt in Kraft. Künftig darf der Treibstoff für Fracht- und Passagierschiffe nicht mehr als 0,1 Prozent Schwefel enthalten - 90 Prozent weniger als bisher. Das hat die internationale Schifffahrtsorganisation IMO bereits vor Jahren so festgelegt.

Um diesen Grenzwert einhalten zu können, stehen den Reedereien zwei Möglichkeiten zur Verfügung: Sie können entweder den Treibstoff wechseln und Schiffsdiesel mit wenig Schwefel anstelle von Schweröl verbrennen. Oder eine technische Anlage zur Rauchgasreinigung einbauen, einen sogenannten Scrubber.

Teure Angelegenheit

Beides kostet Geld. Schiffsdiesel ist ungefähr 30 bis 50 Prozent teurer als Schweröl mit 1,0 Prozent Schwefel, das bisher in Nord-und Ostsee eingesetzt wurde. Die Scrubber, die zudem noch wertvollen Platz an Bord kosten, sind bisher technisch nicht vollständig ausgereift und teuer. "Die müssen leichter, schmaler und billiger werden", sagt Hanns Heinrich Conzen, Geschäftsführer der Lübecker TT-Line. Dann könnten sich Scrubber im Markt durchsetzen. Bis es soweit ist, lässt Conzen fünf seiner sechs Schiffe ab Jänner mit Diesel fahren und eines probehalber mit einem Scrubber ausrüsten.

So ähnlich sieht es auch in der Branche insgesamt aus, nicht nur bei Fähren, sondern auch bei Containerfrachtern. Sie werden ganz überwiegend den Treibstoff wechseln. Nach Angaben des Verbandes Deutscher Reeder (VDR) werden in Europa jährlich 42 Millionen Tonnen Schweröl verbraucht, von denen rund 13 Millionen Tonnen ab dem 1. Jänner durch Marinediesel ersetzt werden. Das entspricht etwas mehr als einem Drittel des Dieselverbrauchs in Deutschland.

Europaweit werden rund 210 Millionen Tonnen Diesel pro Jahr verbraucht, so dass rund sechs Prozent zusätzlich für Schiffe gebraucht werden - eine nicht unerhebliche, aber doch überschaubare Menge. Die Autofahrer, die einen ähnlichen Stoff tanken wie die Schiffe, sollten sich durch den zusätzlichen Nachfrageschub aus der Schifffahrt nicht beunruhigen lassen, heißt es beim Mineralölwirtschaftsverband (MWV) in Berlin. Der Diesel an der Tankstelle werde dadurch nicht spürbar teurer. Die Raffinerien in Europa stellen sich auf den zusätzlichen Bedarf ein.

Schiffe verlieren an Wettbewerbsfähigkeit

Wohl aber wird der Transport auf der Ostsee teurer - und zwar für Waren ebenso wie für Autos und Passagiere. Die Konsequenz: Das Schiff verliert an Wettbewerbsfähigkeit gegenüber dem Lkw. Burkhard Lemper vom Bremer Institut für Seeverkehrswirtschaft und Logistik erwartet eine erhebliche Verlagerung von Schiffstransporten auf die Straße, vor allem im Ostseeraum Richtung Baltikum. "Das wäre in Sachen Umweltschutz völlig kontraproduktiv", sagt Michael Behrendt, scheidender Präsident des Verbandes Deutscher Reeder.

Eine andere Sorge der Reeder sind mangelnde Kontrollen und zu niedrige Strafen für Schiffe, die gegen die Vorschriften verstoßen. "Da lassen sich, je nach Schiffsgröße, sechsstellige Dollarbeträge einsparen", sagt ein Sprecher der Linienreederei Hapag-Lloyd. Das würde den Wettbewerb verzerren zu Lasten derjenigen Reedereien, die sich an die Vorschriften halten. Die Kontrollen liegen in den Händen der Anrainerstaaten und sind bisher äußerst lückenhaft. Die Strafen bei Verstößen sind je nach Land unterschiedlich, aber relativ niedrig. Mehr als 30 Reedereien haben sich deshalb in der Trident Alliance zusammengeschlossen. Ihr Ziel: Die Durchsetzung der Umweltvorschriften auf Nord- und Ostsee - für alle.

Sonderzonen für internationale Schifffahrt

Für die internationale Schifffahrt sind Sonderzonen (Emission Control Areas/ECA) festgelegt, in denen strenge Umweltvorschriften gelten. Sie werden von der Internationalen Schifffahrts-Organisation IMO festgelegt. ECA-Gebiete sind die Nord- und die Ostsee, die meisten Küsten Nordamerikas und Teile der Karibik.

Nachgedacht wird über weitere ECA-Zonen, zum Beispiel das Mittelmeer, das Schwarze Meer oder die Küsten Australiens. In den ECA-Zonen galten schon bisher strengere Grenzwert für Schwefel, Stickoxide und teilweise auch Rußpartikel als auf hoher See. In Nord- und Ostsee war der Schwefelgehalt im Treibstoff bisher auf 1,0 Prozent begrenzt, künftig sind es nur noch 0,1 Prozent. Außerhalb der ECA-Gebiete sind dagegen 3,5 Prozent Schwefel zulässig. Dies wird aber oft nicht ausgeschöpft. (APA/dpa)