IT : Tablets im Test

Ihr Vormarsch ist in Zeiten von Industrie 4.0 unaufhaltsam: Mit Tablets kann man die Produktion mobil steuern, ohne sich über winzige Smartphone-Screens ärgern zu müssen. Schon bald, sagen Experten, werden Tablets die letzten noch verbliebenen Laptops aus den Werkshallen verdrängen. Doch welches Tablet ist im harten Produktionsalltag das Beste? Das kommt immer auf den Einzelfall an, der Knackpunkt ist aber das Betriebssystem, denn von ihm hängen fast alle produktionsrelevanten Features ab.

Sicherheit, Tauglichkeit und Performance

Unser Schwestermagazin „Werk & Technik“ wollte daher wissen: Welches der am häufigsten eingesetzten Tablet-Betriebssysteme Android, iOS (Apple) und Windows bringt den meisten Nutzen für die Produktion? Getestet haben wir die jeweils aktuellsten Versionen, also Android 4.4, iOS 7.1 und Windows 8.1, und nahmen dabei die folgenden Punkte unter die Lupe: Sicherheit, Tauglichkeit für den Produktionseinsatz, Performance.

Welche Endgeräte für die einzelnen Systeme am Markt sind, haben wir uns auch angesehen. Doch ist die Frage des Betriebssystems erst einmal gelöst, bleibt die Wahl des Endgeräts im Prinzip nur noch Feintuning. „Da kann man durchaus auch auf gehobene Consumer-Tablets zurückgreifen – erst recht, wenn man ihnen ein Schutzcase spendiert“, sagt Benjamin Schwärzler, Chef von Tablet Solutions, der uns mit seinem Team bei diesem Test fachlich unterstützt hat.

Betriebsspionage ist die Hauptsorge von Unternehmen, wenn sie ihre Mitarbeiter mit mobilen Geräten ausstatten. Zunächst einmal überprüften wir daher, ob und wie sich die auf dem Tablet gespeicherten Inhalte vor einem Zugriff durch Unbefugte schützen lassen. Das geht bei allen drei Systemen gut, die Eingabe von PIN-Codes ist problemlos möglich. Sollen darüber hinaus die Daten auch verschlüsselt werden, so bieten Windows und iOS die Möglichkeit, die Verschlüsselung nur auf bestimmte Firmeninhalte zu beschränken, was bei Android nicht geht.

Mangelnde Flexibilität von Android

Zum Nachteil wird die mangelnde Flexibilität von Android, wenn In- halte per Fernlöschung vom Tablet entfernt werden sollen. Das kann bei einem Diebstahl des Geräts nötig sein, aber auch, wenn einem Mitarbeiter bestimmte Inhalte schnell entzogen werden müssen. Unter Windows 8 ist es möglich, gezielt nur Firmendaten zu löschen und die Privatdaten des Betroffenen unversehrt zu lassen. Profis bekommen das auch unter iOS und mit einigen Verrenkungen sogar unter Android hin. Gelingt es aber nicht, werden im Notfall die Privatdaten mit gelöscht – rechtlich nicht unbedenklich.

Windows im Außeneinsatz sicherer

Windows punktet überdies damit, dass der Administrator direkt auf dem Bildschirm des Users arbeiten kann. Sollten einmal im Außeneinsatz unerwartete Bedienungsprobleme auftreten, ist das ein recht praktischer Weg, um IT-technisch gestrandeten Mitarbeitern schnelle Hilfe zukommen zu lassen.

iOS Kontrolle über Apps

PIN-Code-Sicherung, Fernlöschung, Hilfestellung von außen bildeten den ersten Teil des Sicherheitschecks. Wir wollten aber auch wissen, wie groß die Gefahr ist, dass ein Mitarbeiter unwissend Viren oder Malware auf sein Tablet lädt. In diesem Punkt ist iOS eindeutig am sichersten: Ohne ein Jailbreak ist es unter iOS fast unmöglich, über einen Download Schaden anzurichten.

Der Hintergrund: iOS akzeptiert nur Apps aus dem eigenen App-Store und diese werden recht gut auf Sicherheit geprüft.

Offenes System

Ganz anders die Lage bei Android. Die Offenheit des Systems, die viele private User schätzen, ermöglicht viel eher, dass auch einmal ein Schädling durchrutscht.

Und unter Windows? Hier hängt viel davon ab, wie die Rechte vergeben sind. Wenn ein User die entsprechenden Rechte hat, um sich Dinge aus dem Netz zu holen, kann er dabei auch jede Menge Unfug treiben. Hat er sie nicht oder eingeschränkt, ist die Gefahr geringer. Viele Unternehmen – egal ob Sie mit Windows oder iOS arbeiten – richten für ihre Mitarbeiter daher firmeninterne App-Stores ein und sperren im Gegenzug den Zugang zu allen anderen Apps. Das ist ohne Zweifel ein Sicherheitsgewinn. Will man den Mitarbeitern aber auch den Zugang zu fremden Apps lassen, dann ist iOS am sichersten.

Consumer-Cloud

Ebenfalls sicherheitsrelevant ist die Nutzung der mit den einzelnen Systemen verbundenen Consumer-Cloud. Egal ob iCloud oder Microsoft Cloud – große Unternehmen blockieren üblicherweise diese Möglichkeit und sind so auch die Sicherheitsprobleme los. Dafür brauchen sie aber als Ersatz eine hauseigene Cloudlösung, ein Kostenfaktor, den kleinere Firmen zu vermeiden suchen und dann eben doch bei Consumer-Clouds landen. Unter ihnen gilt die iCloud als verhältnismäßig sicher, während Google ein etwas sorgloserer Umgang mit Daten nachgesagt wird.

Zusammengefasst ergibt unser Security-Check das folgende Bild: Sicherheitsfeatures lassen sich auf Android-Geräten bei Weitem nicht so optimal konfigurieren wie unter iOS und Windows. iOS hat aufgrund des in sich geschlossenen Apple-Universums grundsätzlich ein etwas höheres Sicherheitslevel als Windows, dafür gibt Windows dem Administrator sehr umfangreiche Möglichkeiten, die Security-Einstellungen zu verfeinern.

Womit die Bühne für den zweiten Akt frei wäre, den Produktions- Check. Hier interessierte uns in erster Linie, wie gut sich die getesteten Betriebssysteme in bereits bestehende IT-Landschaften integrieren lassen und ob irgendeines der Systeme im Produktionseinsatz Vorteile verspricht.

Einige wenige Versuche zeigen: Bei der Einbindung in bestehende IT-Systeme hat Windows 8 die Nase absolut vorne. Aus zwei Gründen: erstens, weil es nicht ausschließlich auf Mobilgeräte zugeschnitten ist, sondern auch als ein Vollbetriebssystem funktioniert, und, zweitens, weil in den meisten größeren Produktionsunternehmen Windows ohnehin Standard ist. Da spricht viel dafür, es auch für Tablets einzusetzen.

Android hat Schwierigkeiten bei der Einbindung

Die größten Schwierigkeiten bei der Einbindung in bestehende IT-Landschaften bereitet auf jeden Fall Android – vor allem deshalb, weil es, je nach Tablet, in sehr unterschiedlichen Versionen ausgeliefert wird und die Vereinheitlichung innerhalb der Firma daher besonders schwer fällt. Auch Userrechte zu vergeben, in größeren produzierenden Unternehmen ein Muss, ist unter Android im Gegensatz zu Windows und iOS recht umständlich.

Neben seiner Einbindungsfreundlichkeit hat Windows aber auch des- halb die größte Produktionsnähe, weil viele Maschinensteuerungsprogramme in C programmiert sind und die Daten solcher Programme sich sehr gut mit Windows aus- lesen lassen.

Zusammengefasst ergibt unser Produktions-Check das folgende Bild: In seiner Summe geht der Produktions-Check wegen der klaren Industrienähe von Windows daher an dieses System, gefolgt von iOS und Android.

Den dritten Test-Teil haben wir für die Performance reserviert und verglichen: Wie gut lässt sich mit den einzelnen Betriebssystemen arbeiten, welche produktionsrelevanten Apps gibt es und wie ist der Energieverbrauch?

Beim Energieverbrauch hat Windows klar das Nachsehen. Man merkt ihm an, dass es ein Vollsystem ist. Dementsprechend wurde es eher auf Funktionsvielfalt denn auf Sparsamkeit optimiert. iOS schneidet beim Verbrauch sehr gut ab, nicht zuletzt deshalb, weil es hier mit dem iPad auch nur eine einzige dazugehörende Tablet-Art gibt, auf die das System auch wirklich optimal abgestimmt ist. Ebenfalls sparsam arbeitet Android. Kombiniert mit einem energiesparenden Gerät ist Android in Sachen Akkulaufzeit Apple durchaus ebenbürtig.

iOS Versionen besser

Anders die Situation bei den Apps: Zwar gibt es die meisten produktionsrelevanten Apps sowohl für iOS als auch für Android, doch durch die Bank laufen die iOS-Versionen besser als jene aus dem Android-Fundus. Das liegt daran, dass Apple jene Apps, die für seinen App-Store zugelassen werden, genauer prüft, aber auch daran, dass Entwickler mit iOS deutlich mehr Geld verdienen können und ihre Apps zuerst für dieses System programmieren und erst dann auf Android umbauen – was nicht immer ohne Qualitätseinbußen abgeht.

Und Windows? Da Windows bis Windows 8 im Tablet-Bereich eher ein Nischen-Dasein führte, gibt es für dieses System deutlich weniger Apps. Die existierenden laufen meist recht gut, neue kommen ständig dazu. Weil Windows ein Vollsystem ist, kann man bei fehlenden Apps außerdem auf die reichlich vorhandenen Desktopprogramme ausweichen. Auf dem Touchscreen ist das allerdings nicht unbedingt sehr bequem.

iOS-Apps leichter und bequemer

Was die Performance von Tablets ebenfalls beeinflusst, ist die Möglichkeit, Daten nicht nur zu konsumieren, sondern auch einzugeben. Unsere Test-Erfahrungen haben gezeigt, dass in der Mehrzahl der ausprobierten Fälle die Eingabe bei iOS-Apps leichter und bequemer geht als bei Android. Windows bietet die Möglichkeit, für umfangreiche Eingaben zu Desktop-Programmen wie Excel zu wechseln, was auf Dauer aber nur dann angenehm ist, wenn man die Desktop-Programme auch als Desktop-Programme nutzt, also eine Tastatur und eine Maus anschließt. Dann ist das Tablet aber kein Tablet mehr.

Die Lösung, ein Tablet gewisser- maßen zu einem „Voll-PC“ umzurüsten, funktioniert bei Windows übrigens mit Abstand am besten, weil sowohl das Betriebssystem als auch die Hardware bewusst für die Two-in-One-Nutzung ausgelegt sind. Bei keinem anderen System lassen sich Tastaturen so gut an ein Tablet andocken wie bei Windows.

Zusammengefasst ergibt unser Performance-Check das folgende Bild: Der Performance-Check geht an iOS. Das eindeutig beste App-Angebot, der meiste Spaß an der Bedienung und ein vernünftiger Energieverbrauch machen es zu einem eindeutigen Sieger im Performance-Vergleich, gefolgt von Windows und Android auf Platz drei.

Im vierten Akt geht es um das Endgerät – wir kommen zum Hardware-Check. Auch wenn die Grundsatzentscheidung für eines der drei Betriebssysteme vor der Wahl eines konkreten Geräts stehen sollte, haben wir am Ende des Tests die Frage umgedreht und überlegt: Gibt es aufgrund der Ausstattung der Endgeräte Argumente, die für eines der Betriebssysteme sprechen? Wir haben uns dabei bewusst im gehobenen Consumer-Geräte-Segment umgeschaut – aus der Überlegung heraus, dass diese Geräte mit einem entsprechenden Schutz versehen immer noch relativ preiswert und dennoch für den Produktionseinsatz tauglich sind.

Robustes Case ist wichtig

Um beim Schutz zu bleiben: Ein robustes Case sollte jeder seinem Tablet angedeihen lassen, der es außerhalb des Büros verwendet. Für iPads, also iOS-Geräte, ist die Auswahl am größten, wohl deshalb, weil es hier keine solche Modell-Vielfalt gibt wie bei Android oder Windows.

Spannend sind iPads als Endgeräte aber auch, weil sie ein Bildschirmformat von 4: 3 bieten und deshalb A4-Sei-ten besser darstellen als Windows und Android, die auf das 16:9-Format setzen. Für Windows- und Android-Tablets spricht hingegen, dass sie in der Regel mit deutlich mehr Anschlüssen ausgestattet sind als die in dieser Hinsicht sehr spartanisch bestückten iPads.

Die unzähligen Tablets aller Anbieter durchzutesten, ist niemand in der Lage, nicht einmal „Werk & Technik“. Eine konkrete Endgeräte-Empfehlung abzugeben, ist daher kaum möglich. Ohne auch nur im Entferntesten den Anspruch auf Vollständigkeit zu erheben, haben wir für Sie dennoch zu jedem Betriebssystem ein Tablet ausgesucht, von dem wir glauben, dass es gut für den Produktionseinsatz taugt.

Ergebnisse des Hardware-Tests: Wir würden das iPad Air für iOS nehmen, das Dell Venue 11 Pro für Windows und das Samsung Galaxy 10.1 für Android. Genauere Spezifikationen zu diesen Geräten finden Sie im Infokasten auf dieser Doppelseite.

Welches System ist nun aber der Sieger? Die Frage andersrum zu beantworten wäre einfacher: Android würden wir als Betriebssystem für Tablet-Anwendungen in der Produktion nicht empfehlen, es ist doch zu sehr auf den privaten User abgestimmt. Mögliche Ausnahme: ganz kleine Startups, die Kosten sparen wollen. Aber auch sie werden früher oder später umsteigen wollen.

Eine Entscheidung zwischen Apple und Windows fällt indessen schwer. Was iOS Windows voraushat, nämlich seinen tablet-spezifischen, relativ sicheren und in sich geschlossenen Aufbau, macht Windows 8 durch mehr Produktionsnähe und sehr gute Einbindungsfähigkeit wett. Weshalb unser Endurteil durchaus salomonisch ausfällt: Der Allround-Tipp geht an iOS, Windows 8 bekommt den Produktions-Tipp.

Bei unserem Tablet-Test hat uns einer der absoluten Pioniere von Tablet-Anwendungen mit seinem Know-how unterstützt, das Wiener Unternehmen Tablet Solutions. Entstanden aus einer Studie zum Thema Tablets in der Produktion, die 2011 am Institut für Produktionsmanagement der WU Wien durchgeführt wurde, ist Tablet Solutions heute die erste österreichische Firma, die Tablet-Lösungen für Produktion und Industrie anbietet.

Ein Schwerpunkt des von Benjamin Schwärzler gegründeten und geführten Unternehmens liegt im Maschinen- und Anlagenbau und hier unter anderem im Baustellenmanagement. Für seine Kunden, zu denen unter anderem der Seilbahnriese Doppelmayr gehört, entwickelt Tablet Solutions auch individuelle, auf das konkrete Einsatzgebiet optimierte Apps.