Logistik : Transporteure wollen Nacht-60er zu Fall bringen

LKW Verkehr
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Sie zählen nicht unbedingt zu den Lobbyisten des Schwerverkehrs: Die TU Wien, das Kuratorium für Verkehrssicherheit und das Bundesumweltamt gelten gemeinhin als objektive Einrichtungen, deren Studien man Glauben schenken darf. Die Bundessparte Transport und Verkehr unterfüttert ihren jüngsten Vorstoß, den ungeliebten „Nacht-60er“ abzuschaffen, also mit starken Argumenten.

Eingeführt im Jahr 1995, sollte die Geschwindigkeitsbeschränkung zwischen 22 und 5 Uhr in erster Linie dem Lärmschutz und der Schadstoffreduktion dienen.

Wenn die Transporteure die Regelung nun als „längst überholt und zudem kontraproduktiv“ bezeichnen, müssen sie also gute Argumente liefern. Was ihnen zu gelingen scheint.

Belastung sinkt

Zu einem überraschenden Ergebnis kommt etwa eine Studie der TU Wien: Sowohl die Feinstaub- als auch die Stickoxid-Belastung durch Lkw ist bei Tempo 80 geringer als bei 60 km/h. Konkret sinken die NOx-Werte um mehr als 20 Prozent, die NO2-Werte um rund 20 Prozent und die Partikelemissionen um 5 Prozent, wenn das Tempo von 60 auf 80 km/h erhöht wird.

Dass diese Werte mit zunehmender Geschwindigkeit sinken, hat laut Bernhard Geringer, dem Vorstand des Instituts für Fahrzeugantriebe und Automobiltechnik, auch die Studienautoren überrascht.

„Wegen der motorischen Abstimmung der heutigen Nutzfahrzeuge auf die höheren Fahrgeschwindigkeiten werden bei 60 km/h sogar merkbar höhere NOx-Werte und teilweise auch Partikel ausgestoßen als bei 80 km/h“, resümiert Geringer, „eine Forderung nach Reduzierung der Fahrgeschwindigkeit ist damit aus Emissionssicht nicht gerechtfertigt.“

Nummer sicher

Der Nacht-60er macht die Straßen sicherer? Stimmt nicht, lautet das Ergebnis eines Gutachtens des Kuratoriums für Verkehrssicherheit. Ein Vergleich der Verkehrsbelastungswerte und der Unfälle mit Personenschaden in Abschnitten mit 60- bzw. 80-km/h-Beschränkung zeigt keine signifikanten Unterschiede.

Eine Erhöhung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit auf 80 km/h für Lkw über 7,5 Tonnen habe keine negativen Auswirkungen auf die Aspekte der Verkehrssicherheit, so die Studienautoren. Und: „Allgemein ist darauf hinzuweisen, dass die Erhöhung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit für Lkw einen Beitrag zur Homogenisierung der Betriebsgeschwindigkeit leistet.“

Überlagerung

Und auch das Hauptargument pro Nacht-60er – Lärmschutz – glauben die Transporteursvertreter zerpflücken zu können. Und stützen sich auf Daten des Bundesumweltamts.

„Diese Daten zeigen, dass der Lärm-Mix, das heißt der Anteil Pkw- zu Lkw-Verkehr, ausschlaggebend dafür ist, welche der beiden Fahrzeugarten dominiert beziehungsweise die andere überlagert“, erklärt Alexander Klacska, Obmann der Bundessparte Transport und Verkehr in der WKO.

„Und so sieht man, dass bei einem Lkw-Anteil unter 35 Prozent bei 80 km/h der Lkw vom Pkw überlagert wird.“ Hinzu komme, dass bei den üblichen Messungen die massiven, rund 420 Millionen Euro teuren Lärmschutzmaßnahmen der vergangenen Jahre nicht berücksichtigt würden:

„Betrachtet man die Lärmentwicklung an den Autobahnen und die statistisch herangezogenen Messungen, so stellt man schnell fest, dass die genormte Lärmermittlung einen Meter neben der Lärmquelle – also am Pannenstreifen – gemessen wird, die Lärmschutzmaßnahmen aber nicht in Betracht gezogen werden“, moniert Klacska.

Argumente, die in Summe ausreichen sollten, die Regelung zu kippen, meinen die Transporteure. Dass der anstehende Wechsel an der Spitze des Verkehrsministeriums daran etwas ändert, glauben sie nicht.

„In den letzten Monaten hat sich der Dialog intensiviert“, erzählt Alexander Klacska, „und wir erwarten vom kommenden Verkehrsminister, dass dieser Weg auch weitergegangen wird.“