WU-Studie : Wirtschaftskammer sammelt Munition gegen neue Maut-Pläne

„Wir haben hierzulande ein Ausgaben- und kein Einnahmen-Problem“, sagt Fachverbandsobmann Alexander Klacska, „und es ist durchaus interessant, dass der Vorschlag zur Einführung einer flächendeckenden Lkw-Maut ausgerechnet von jenen Bundesländern kommt, die ihre Straßenbau-Budgets reduziert und offenbar generell schlecht gewirtschaftet haben.“

Die Idee mehrerer Verkehrslandesräte, auch Straßen abseits des hochrangigen Netzes für Lkw mautpflichtig zu machen, hatte schon vor einigen Monaten für Verärgerung in der Wirtschaftskammer gesorgt – eine aktuelle Studie der WU Wien scheint ihre Argumente nun zu stützen.

Studienautor und WU-Professor Sebastian Kummer fasst die Ergebnisse in drei Schwerpunkten zusammen:

1. Wirtschaftlicher Schaden

Eine flächendeckende Lkw-Maut, argumentiert Kummer, treffe vor allem die heimischen Unternehmen, würde also den Standort im Wettbewerb schwächen. Schlimmer noch: Hauptbetroffene wären kleinere Unternehmen und solche in strukturschwachen Regionen. „Gerade diese regionalen Cluster, in die Österreich viel Geld gesteckt hat, wären überproportional betroffen“, sagt Kummer. Die Studienautoren rechneten das Beispiel eines Transportunternehmens mit einem Jahresumsatz von 32 Millionen Euro durch und kamen auf eine zusätzliche Belastung durch weitere Mautkosten von 2 Millionen.

Vice versa hält Kummer die finanziellen Vorteile für überschaubar: Wäre die angedachte Maut in der Fläche gleich hoch wie die im hochrangigen Netz, so würden die Einhebungskosten laut Studie rund 21 Prozent der Bruttoeinnahmen ausmachen. Und auch die wären nicht berauschend: Je nach Höhe der Maut lägen die Mauteinnahmen zwischen 282 und 378 Millionen Euro pro Jahr, also rund um 20 Prozent der Einnahmen der Asfinag des Jahres 2013.

2. Offene technische Fragen

Die im hochrangigen Netz eingesetzte Mikrowellen-Technologie – laut Kummer das beste System in Europa – ist in der Fläche nicht einsetzbar. Die Alternative wäre Satelliten-Technologie, doch gegenüber einem Parallelbetrieb ist Sebastian Kummer skeptisch: Dies wäre „aus wirtschaftlicher Sicht aufgrund der für beide Systeme anfallenden Kosten sowie der eingeschränkten Möglichkeit zur Generierung von Skalenträgern nicht vertretbar“. Das hochrangige Netz ebenfalls auf Satelliten-Technologie umzustellen, wäre nicht nur teuer, es führte auch zu einer Verschlechterung des Verhältnisses zwischen Kosten und Einnahmen. Das derzeitige Mautsystem ist diesbezüglich mit einem Kostenanteil von 7 Prozent extrem effizient.

3. Unerwünschte Nebeneffekte

Was geschähe etwa mit Linien- oder Schulbussen? Die im Rahmen der Erbringung von subventionierten Busverkehren geleisteten Mautzahlungen müssten durch die Öffentliche Hand über Subventionen rückerstattet werden. Steigende Ticketpreise würden zudem den privaten Pkw wieder attraktiver machen.

Und Kummer warnt auch vor Verlagerungseffekten. Nicht auf die Schiene, sondern auf kleinere Einheiten: Eine Lkw-Maut in der Fläche könnte im Verteilerverkehr dazu führen, dass viele von Lkw auf kleinere Transporter umsteigen, um die Maut zu unterlaufen – ökonomisch wie ökologisch bestimmt kein erwünschter Effekt.

Schweiz kein Vorbild

Die in der Schweiz geltende Leistungsabhängige Schwerverkehrsabgabe (LSVA) ist in den Augen Alexander Klacskas ein weiteres Argument gegen eine flächendeckende Lkw-Maut. „Die intendierte Reduktion des alpenquerenden Schwerverkehrs ist nicht gelungen. Dafür sind kaum mehr Schweizer Frächter unterwegs. Die Schweiz hat für diese Maut ihren regionalen Verkehr geopfert.“

Für WKÖ-Präsident Christoph Leitl ist die Position der Kammer klar: „Eine derartige Maut wäre ein Abschlag von einem möglichen Wirtschaftswachstum, ein Anschlag auf die Kaufkraft und ein Rückschlag für die strukturschwachen Regionen. Wer braucht das?“

Gegenüber der jüngst von der neuen EU-Verkehrskommissarin Violeta Bulc vorgebrachten Idee einer EU-weiten, einheitlichen Bemautung zeigte sich Klacska übrigens nicht grundlegend ablehnend. Allerdings: „So etwas müsste schon auf Kostenwahrheit beruhen. Für das indirekte Stopfen von Budgetlöchern stehen wir nicht zur Verfügung. Nur wenn strikte Open-Book-Politik gesichert ist, kann man über so etwas reden.“

(bf)