Meinung : Wolfgang Eder: Spatenstich und Federstrich

Groß war die Überraschung, als Voestalpine-Chef Wolfgang Eder vor einigen Monaten die größte Auslandsinvestition in der Geschichte – ausgerechnet in den USA – ankündigte. Er wolle einerseits den Stahl-Standort Linz sichern, von den niedrigen Gaspreisen in Amerika profitieren und neue, nicht von Überkapazitäten geplagte Märkte erschließen, so Eder.

Das mit dem billigen Gas und den neuen Märkten war einfach zu verstehen: Dank Fracking kostet der Rohstoff in den USA ein Viertel von dem was der energiehungrige Konzern hierzulande bezahlen muss. Im Zusammenspiel mit den Klimaschutzkosten, die auf die Linzer in Europa zukommen, ergibt das einen riesigen Preisvorteil in der Produktion. Das mit den Märkten war ebenfalls einfach zu vermitteln: Die Linzer sind längst auch in den USA tätige Spezialstahllieferanten für den Automobilbau, den Pipelinebau oder Flugzeug- und Bahnbau. Warum nicht in den Märkten produzieren, in die man liefert?

Die Stahlproduktion wolle er, Eder, sichern, indem er Vormaterialien (in diesem Fall Eisenschwamm) produziert, der im 6000 Kilometer entfernten Linz und Donawitz in den Hochöfen zu Stahl verschmolzen werden soll. Damit wandert zwar ein erheblicher Teil der energie- und CO2-intensiven Strecke der Hochofenroute ab, sichert aber den Rest der Produktion dauerhaft in Linz, so die Argumentation.

Es soll, wie man hört, auch in Linz einiges an Überzeugungsarbeit gekostet haben, das Modell Corpus Christi (auch angesichts der hohen Kosten) an den Mann zu bringen. Zumal schon einmal Pläne (Stahlwerk in der Türkei) kurz vor Start abgeblasen wurden. Gestern wurde bekannt, dass die Voestalpine einen beträchtlichen Teil der Kapazität jenes Werkes, das erst 2016 in Betrieb geht, verkauft hat. An einen mexikanischen Stahlkonzern, der an das Fertigungs- und Prozessstabilitätsknowhow der Linzer in der Produktion von Eisenschwamm glaubt.

Mit dem geplanten Eigenbedarf ist das Werk jetzt zu 70 Prozent ausgelastet. Wie man hört, soll es noch heuer sogar 100 Prozent werden. Wer bisher an der Strategie Wolfgang Eders gezweifelt hat, wird eines Besseren belehrt. Vielleicht sollten manche Eder auch aufmerksamer zuhören, wenn es um die Gründe für den Fortgang geht: Die hohen Klimaschutz-Abgaben. Die Lohnnebenkosten. Und die Unfähigkeit der europäischen Politik, unrentable Werke der sakrosankten Branche auch einfach mal untergehen zu lassen. Der europäischen Politik kommt Eder jetzt allerdings abhanden: Als designierter Präsident des Weltstahlverbandes (bis zum Vorjahr war er Eurofer-Präsident) muss er sich mit europäischer Klimapolitik, kleinlicher nationaler Klientelpolitik und der Brüsseler Bürokratie nur mehr am Rande auseinandersetzen.