Die Eckdaten zur Maut : Darum geht es - die Details zu umstrittenen Mautplänen

Der deutsche Verkehrsminister Alexander Dobrindt (CDU) hat sein Konzept für eine Pkw-Maut in Deutschland vorgestellt. Danach sollen Autofahrer ab 2016 auf allen deutschen Straßen eine Gebühr zahlen - im Durchschnitt rund 88 Euro pro Jahr. Deutsche Autofahrer sollen den Plänen zufolge über einen Nachlass bei der Kfz-Steuer entlastet werden - unter dem Strich sollen nur Ausländer zahlen.

Das wäre ein Novum in Europa. Die EU-Kommission prüft die Pläne. Bisher erheben in der Europäischen Union 21 Länder eine Abgabe für die Nutzung ihrer Autobahnen und Schnellstraßen.

Dabei gibt es zwei Grundmodelle, eine Vignette oder eine streckenbezogene Nutzungsgebühr. Hier die wichtigsten Einzelheiten zu den Regelungen.

STRECKENBEZOGENE MAUT

Hier muss die Maut je nach Land beim Ein- oder Ausfahren gebührenpflichtiger Straßen oder per elektronischem System bezahlt werden. In einigen Ländern ist nicht das gesamte Autobahnnetz mautpflichtig.

Die Länder, in denen eine streckenbezogene Maut erhoben wird, sind: Bosnien-Herzegowina, Frankreich, Griechenland, Irland, Italien, Kroatien, Mazedonien, Norwegen, Polen, Portugal, Serbien, Spanien und die Türkei.

VIGNETTE

Mit einer Vignette erwerben Autofahrer das Recht, die Mautstraßen für einen bestimmten Zeitraum zu befahren. In drei europäischen Ländern gibt es eine Kurzzeitvignette für sieben Tage, in vier Ländern für zehn Tage. Außerdem wird zumeist eine Vignette mit einmonatiger Gültigkeit verkauft. Alle Länder bieten außerdem eine Jahresvignette an, die Schweiz ausschließlich.

Die Preise für eine Kurzzeitvignette schwanken zwischen fünf Euro (Bulgarien) und 15 Euro (Slowenien) und für eine Jahresvignette zwischen 33 Euro (Schweiz) und 143 Euro (Ungarn). Folgende Länder haben eine Vignettenpflicht: Bulgarien, Österreich, Rumänien, Schweiz, Slowakei, Slowenien, Tschechien und Ungarn.

MAUTPLÄNE IN DEUTSCHLAND

Dobrindt plant eine Vignette für das gesamte Straßennetz von rund 650.000 Kilometern. Angeboten werden soll eine für zehn Tage (zehn Euro), eine für zwei Monate (20 Euro) und eine für ein Jahr. Für diese ist kein Pauschalpreis geplant, sondern sie orientiert sich an der Öko-Klasse des Autos und dem Hubraum. Für Benziner soll ein Preis von zwei Euro pro 100 Kubikzentimeter gelten und für Diesel-Fahrzeuge von 9,50 Euro - allerdings wird eine Obergrenze von gut 100 Euro eingeführt. Im Gegenzug soll die Kfz-Steuer im gleichen Maße gesenkt werden, so dass es für deutsche Autofahrer keine Mehrbelastung gibt.

Die Vignetten sollen über das Internet oder etwa an Tankstellen im Grenzgebiet gekauft werden. Deutsche erhalten sie automatisch für ein Jahr per Post. Dobrindt deutete an, dass auch Motorradfahrer die Abgabe zahlen müssten. (reuters/apa/pm)

Die umstrittene Pkw-Maut in Deutschland verspricht eine größere Operation zu werden. Am Konzept des deutschen Verkehrsministers Alexander Dobrindt (CSU) bemängeln Kritiker zu viel Bürokratie. Für Mehreinnahmen gibt es aber auch schon Interessenten.

Die Maut auf allen deutschen Straßen soll dem Politiker zufolge für Autofahrer unkompliziert werden - trotz des zusätzlichen Verwaltungsaufwands für den Staat. Der Preis der geplanten Vignetten werde "genauso automatisiert berechnet und mitgeteilt wie die Kfz-Steuer", sagte Dobrindt am Montag bei der Vorstellung seines Konzepts in Berlin.

Er versicherte, es werde keine Mehrbelastungen für Inländer geben, da Mautzahlungen durch Freibeträge bei der Kfz-Steuer voll ausgeglichen würden. Der Minister zeigte sich offen für Appelle, die Länder an Mehreinnahmen zu beteiligen. Von der Opposition und aus Nachbarstaaten kam Kritik.

Dobrindt sagte, jährlich gebe es 170 Millionen Fahrten ausländischer Autos nach oder durch Deutschland. Deren Halter seien bisher an der Finanzierung der Straßen weitestgehend nicht beteiligt. "Wir wollen diese Gerechtigkeitslücke schließen." Die EU-Kommission will die Pläne genau prüfen und erinnerte an das Verbot einer Benachteiligung ausländischer Fahrzeughalter. In den Eckpunkten Dobrindts gebe es "viele positive Elemente", erklärte die Behörde in Brüssel. Es könne aber kein grünes oder rotes Licht geben, bevor Details bekannt seien.

Kommen soll die Vignettenpflicht ab 1. Jänner 2016 für alle Wagen bis 3,5 Tonnen, voraussichtlich auch für Motorräder. Konkret sollen deutsche Pkw-Halter automatisch eine Jahresvignette erhalten - entweder direkt bei der Anmeldung des Wagens oder per Post. Der Preis wird nach Umweltfreundlichkeit, Hubraum und Zulassungsjahr errechnet.

So sollen für einen VW Passat 5 Diesel statt der bisherigen Steuer von 242 Euro künftig noch 137,50 Euro Steuer fällig werden - sowie 104,50 Euro für die Vignette, die den neuen Topf einer Infrastrukturabgabe fließen. Der Halter eines Honda Jazz 1,4 LS mit Benzinmotor zahlt künftig statt 94,50 Euro Steuer denselben Betrag für eine Vignette. Für Fahrzeuge, deren Besitzer keine Kfz-Steuer zahlen, wie für Elektroautos, ist auch die Vignette gratis.

Ausländische Fahrer sollen an Tankstellen Zehn-Tages-Vignetten zum Preis von 10 Euro und Zwei-Monats-Vignetten für 20 Euro kaufen können. Per Internet können sie auch eine Jahresvignette bestellen, die wie bei Deutschen nach den Fahrzeugeigenschaften berechnet wird.

Erwartet werden aus den Vignetten Gesamteinnahmen von 4,7 Mrd. Euro im Jahr - davon 3,8 Mrd. Euro von Deutschen und 860 Mio. Euro von Haltern ausländischer Wagen. Die Systemkosten werden mit rund 260 Mio. Euro veranschlagt. Unter dem Strich sollen also rund 600 Mio. Euro von ausländischen Pkw-Fahrern in die neue Infrastrukturabgabe fließen, die zweckgebunden für Investitionen in die Straße verwendet werden soll.

Dobrindt begründete die Mautpflicht auf dem ganzen Straßennetz damit, dass ein Ausweichen auf kostenfreie kleinere Straßen vermieden werden soll. Bisher war über eine Nutzungsgebühr für Autobahnen diskutiert worden. Die Vorschläge sollen nun in der Regierung und im Bundestag weiter beraten werden, um einen Gesetzentwurf zu erstellen. Mit der EU-Kommission sei eine gemeinsame Arbeitsgruppe vereinbart worden.

SPD-Fraktionsvize Sören Bartol kündigte eine sorgfältige Prüfung an. "Für die Akzeptanz einer Pkw-Vignette in Deutschland ist ein allgemein verständliches Modell wichtig." Aufgrund der Komplexität des vorgeschlagenen Modells gebe es noch viele zu klärende Fragen. Die Grünen lehnten die Pläne ab, die "unsinnig, ungerecht und ein bürokratisches Monstrum" seien, wie Parteichefin Simone Peter sagte.

Nordrhein-Westfalens rot-grüne Landesregierung warnte vor Folgen für den Grenzverkehr mit Nachbarländern. "Als nächstes werden die Niederlande und Belgien Pläne für ihre Maut schmieden", sagte Verkehrsminister Michael Groschek (SPD). Die österreichische Verkehrsministerin Doris Bures sagte: "Der Gleichbehandlungsgrundsatz muss eingehalten werden." Sonst wolle ihr Land alle rechtlichen Möglichkeiten ausschöpfen. Die Niederlande kündigten Protest an. "Die Gebühr hat besonderes nachteilige Folgen für niederländische Autofahrer, vor allem im Grenzgebiet", sagte Verkehrsministerin Melanie Schultz van Haegen.

Mehrere deutsche Bundesländer meldeten schon Ansprüche an. "Wenn auf Landesstraßen und kommunalen Straßen eine Maut erhoben wird, dann müssen auch die Länder und Kommunen an den Einnahmen beteiligt werden", sagte der Vorsitzende der Verkehrsministerkonferenz, Reinhard Meyer (SPD) aus Schleswig-Holstein, der Zeitung "Die Welt". Dobrindt signalisierte Verständnis dafür. (dpa/apa/pm)