Familienunternehmen : Martin Darbo: "Ohne Konflikte geeinigt"

INDUSTRIEMAGAZIN: Vor einem Jahr haben Sie von Ihrem Vater den Vorstandsvorsitz übernommen. Wer von Ihnen war heute Morgen eher im Büro, Sie oder Ihr Vater? Martin Darbo: Heute? Ich. Mein Vater ist aber weiterhin jeden Tag im Haus und verfolgt ganz genau, was meine Brüder und ich tun. Er kommentiert unser Entscheidungen und mischt sich ein, wenn er es für notwendig hält. Immerhin geht es um sein Lebenswerk. Sein Rückzug war also eher formeller Natur? Ja. Mein Vater ist nicht der Typ, der einfach loslässt oder hinschmeißt. Und wir hoffen, dass sich das nie ändert. Denn von seinen Erfahrungen profitieren wir. Sie haben drei Brüder, die auch alle im Unternehmen tätig sind. Warum ist die Wahl auf Sie gefallen, als es um die Besetzung des Vorstandsposten ging? Mein Vater ist vor rund anderhalb Jahren auf uns zugekommen und meinte, es sei an der Zeit über seine Nachfolge zu entscheiden. Um Streiteren zu vermeiden hat er uns gebeten, diese Frage unter uns zu klären. Wir haben uns dann zusammengesetzt und diskutiert und eine für uns alle tragbare Lösung ausgearbeitet. Ohne Konflikte haben wir uns dann darauf geeinigt, dass ich den Vorstandsvorsitz übernehmen soll. Und was müsste passieren, dass Sie Ihre jetzige Position jemals wieder aufgeben? Wie in jeder Aktiengesellschaft kann nur der Aufsichtsrat den Vorstand abberufen. Mein Vater hat das Unternehmen fünfzig Jahre lang geleitet. Und ich gehe davon aus, dass auch ich meinen Job nicht mehr wechseln werde. Neben Ihnen ist Ihr Onkel Adolf Darbo als Technik-Vorstand tätig. Wird sich an der Konstellation des Zweier-Vorstandes trotz mehrerer Familienmitglieder etwas ändern? Wir erweitern den Vorstand nur dann, wenn es erforderlich ist. Im Moment gibt es dazu keinerlei Überlegungen. Jeder meiner Brüder und ich arbeiten in Bereichen, die wir uns ausgesucht haben und der den jeweiligen Fähigkeiten entsprechen. Mein Bruder Mattthias (33) ist im Export tätig, seine Aufgabe ist es, die unsere Produkte im Ausland zu etablieren. Stefan (29) leitet den Bereich Finanzen und Personal und Klaus, der mit 26 Jahren der Jüngste ist, arbeitet als Produktmanager im Marketing. Ihr Vater hat Darbo zum Marktführer in Österreich ausgebaut. Wer ist hierzulande Ihr größter Rivale? Das ist die Hausfrau, die selbst einkocht. Und daran wird sich auch in Zukunft wohl nichts ändern. Dennoch ist es uns in den vergangenen Jahren gelungen, in Österreich stetig mehr Marmelade und Konfitüre abzusetzen. Derzeit liegt unser Marktanteil bei rund 60 Prozent. Wir können hier noch ein bisschen zulegen, aber um weiter zu wachsen, müssen wir den Export forcieren. Und in welchen Ländern wollen Sie künftig wachsen? Insbesondere in Deutschland. Der Markt ist sehr groß und auf Grund der gleichen Sprache müssen wir für den Export nach Deutschland nicht extra etikettieren, sondern verwenden die Produkte so, wie man sie auch in Österreich im Handel vorfindet. Darüber hinaus ist Italien ein bedeutender Markt für uns. Und Russland, Nordamerika und China werden immer wichtiger. In Deutschland sitzt der Marmeladen-Hersteller Zentis - und der ist Ihnen nicht gerade wohlgesonnen. Was hat Zentis gegen Sie? Das weiß ich nicht. Es hat noch nie einen direkten Kontakt zwischen Zentis und uns gegeben. Aber Zentis hat Sie doch verklagt, weil Sie – so der Vorwurf – Ihre Marmelade als “naturrein” bezeichnen, obwohl sie das gar nicht sei. Ja, das stimmt. Zentis hat vor dem Kölner Landgericht auf Unterlassung geklagt. Ich sehe dem Urteil aber gelassen entgegen. Denn es gibt ein EuGH-Urteil aus dem Jahr 2000, das die rechtmäßige Verwendung dieses Begriffes bestätigt hat. Damals hat uns der Verein für Unwesen in Handel und Gewerbe geklagt. Aber das ist nicht die einzige Front, auf der Zentis ihnen den Kampf angesagt hat. Das Unternehmen hat Ihnen auch ein Mahnschreiben geschickt, Ihre Delitkatess-Powidl seien zu heiß hergestellt. Woher weiß der Konkurrent über Ihre Kochtemperaturen Bescheid? Zentis weiß natürlich nicht, bei welchen Temperaturen unserer Pflaumenmus hergestellt wird – Rezepturen sind selbstverständlich Betriebsgeheimnis. Aber sie sagen, dass Powidl generell heiß produziert werden müsse. In dieser Angelegenheit haben wir uns aber mittlerweile geeinigt. Wir haben am beanstandeten Etikett den Hinweis “vorsichtig erwärmt und gerührt” entfernt. Rechnen Sie damit, dass Zentis Ihnen weiter Steine in den Weg legen wird bei Ihrer Expansion? Das traue ich mir genauso wenig vorherzusagen wie das Wetter. Ihre jüngste Erfingdung könnte man auch als Kampfansage an die Heißgetränke-Hersteller verstehen. Warum wollen Sie den Teebeutel durch Sirup ersetzen? Der Teesirup ist eine Idee unseres Marketingleiters, der selbst leidenschaftlicher Teetrinker ist. Ihn hat - wie viele Teetrinker – der Teebeutel gestört. Deshalb hat er sich Gedanken gemacht, wir man Tee auch in flüssiger Form herstellen kann. Der Teesirup wird einfach mit heißem Wasser aufgegossen und ist damit trinkfertig. Er lässt sich damit viel bequemer verwenden als ein Teebeutel oder –sieb. Sie dürften sich selbst aber nicht ganz sicher gewesen sein, ob der Teesirup auch bei den Verbrauchern ankommt. Denn immerhin haben Sie Ihr neues Produkt zunächst in über 200 Supermärkten in Tirol getest. Wir hatten bereits vorher sehr ermutigende Marktforschungsergebnisse. Um jedoch endgültige Sicherheit zu haben und zur Feinabstimmung des Konzepts haben wir uns für eine Testphase entschieden. Immerhin wurde ein Produkt geschaffen, das es weltweit bis dato noch nicht gibt. Mit den Ergebnissen der Testphase sind wir übrigens sehr zufrieden. Im September und Oktober beginnen wir jetzt mit der Markteinführung in Österreich, Deutschland und Italien. Welche Bedeutung soll die Teebeutel-Alternative künftig haben bei Darbo? Beim Teesirup handelt es sich um einen Innovationssprung wie wir ihn nur alle drei bis fünf Jahre machen. Insofern haben wir natürlich große Erwartungen an das neue Produkt. Und welche Erwartungen haben Sie an das heurige Geschäftsjahr? Wir rechen damit, dass wir den Umsatz des Vorjahres halten, möglicherweise leicht ausbauen können. 2009 lag dieser bei 102,7 Millionen Euro. Wir haben unserer Sortiment im vergangenen Jahr gestrafft, was natürlich auf den Umsatz drückt. Seit vergangenem Jahr befindet sich Darbo nahezu ausschließlich im Familienbesitz. Warum hat die Muttergesellschaft des deutschen Marmeladen-Herstellers Schwartau Ihr Aktienpaket an Sie verkauft? Das Angebot kam auch für uns überraschend. Im Jahre 1993 sind die Schwartauer Werke, die mittlerweile zur schweizerischen Hero-Gruppe gehören, im Zuge einer Kapitalerhöhung bei uns eingestiegen und haben dann in den Folgejahren ihren Anteil sukzessive über die Börse erhöht. Die Darbo-Beteiligung dürfte nun aber nicht mehr ins Portfolio gepasst haben, so dass sie uns Ihre Anteile zu akzeptablen Konditionen angeboten haben. Heute gehören fast 99 Prozent der Anteile der Familie, der Rest befindet sich im Streubesitz. Die damals vorgenommene Kapitalerhöhung haben Sie genutzt, um den Standort Stans auszubauen. Wie lange werden die Kapazitäten dort noch ausreichen? Sicherlich noch einige Jahre. Das Werk ist jetzt siebzehn Jahre alt, wurde aber damals mit Blick auf die EU-Erweiterung konzipiert. Ihr Vater stand Zukäufen kritisch gegenüber. Wird Darbo unter Ihnen auch über Akquisitionen wachsen? In der ganzen Firmengeschichte hat es noch keinen Zukauf gegeben – und daran wird sich auch in absehbarer Zukunft nichts ändern. Zukäufe sind für uns also im Moment kein Thema. Interview: Vanessa Voss