Bombardier liefert Straßenbahnen : Siemens verliert Großauftrag in Wien

Das Rennen ist entschieden: Bombardier wird die neue Straßenbahn-Generation für die Wiener Linien bauen. Die neue Flotte umfasst bis zu 156 Niederflur-Bims des Typs "Flexity" und wird ab 2018 ausgeliefert, teilten die Verkehrsbetriebe am Montag mit.

Mitbewerber Siemens, der die Wiener Linien bisher belieferte, ging leer aus. Siemens lieferte der Stadt Wien Garnituren der "ULF"-Serie, die auch in Wien produziert wurden. Ob die Bestellung der Wiener Linien damit Auswirkungen auf das Werk in Wien-Simmering hat, ließ Siemens am Montag offen.

Der Auftrag ist 562 Mio. Euro schwer

Das Auftragsvolumen beträgt 562 Mio. Euro. Der kanadisch-österreichische Fahrzeughersteller hat sich in einem Ausschreibungsverfahren, das im Dezember 2013 angelaufen war, durchgesetzt.

"Wir wollten ein Fahrzeug, das modern, bequem und umweltfreundlich ist, mit der existierenden Infrastruktur gut zusammenpasst und ein gutes Preis-Leistungs-Verhältnis bietet", so Wiener-Linien-Geschäftsführer Günter Steinbauer zu der nun getroffenen Entscheidung.

Siemens bedauert die Entscheidung

Der unterlegene Bieter Siemens hat sich am Montag über den Straßenbahn-Zuschlag für Bombardier erwartungsgemäß wenig erfreut gezeigt: "Die Wiener Linien haben ihre Wahl getroffen. Wir bedauern die Entscheidung", erklärte ein Sprecher gegenüber der APA.

Man werde sich nun die Details ansehen und die Begründung analysieren, hieß es. Ob das bevorstehende Ende der ULF-Produktion Auswirkungen auf das Werk in Simmering haben werde, sei noch nicht abschätzbar, hieß es.

Alte Straßenbahnen verschwinden langsam und still

Trotz aller Technikverliebtheit und Modernität - bei der Schönheit kann es keine der neuen Straßenbahnen mit den eleganten und runden Formen der alten Wiener Straßenbahnen mit den Holzsitzen aufnehmen.

Diese Straßenbahnen werden schrittweise immer weiter ausgemustert. Spätestens 2026 soll dann keine Hochflur-Bim mit Stufeneinstieg mehr in Wien unterwegs sein - außer, es kommt zu einer Bürgerbewegung, die für den Erhalt der alten Straßenbahnen kämpft.

Die bestellten "Flexity"-Garnituren entsprechen allesamt in etwa den Ausmaßen eines langen ULF-Zuges. Sie bieten 211 Fahrgästen Platz und sind 34 Meter lang.

Weitere Details im Dezember

Details in Sachen Ausstattung und Technik wollen die Wiener Linien noch nicht bekanntgeben. Dazu werde es einen gesonderten Medientermin geben, der noch im Dezember - nach Ablauf einer zehntägigen Einspruchsfrist - stattfinden werde, hieß es auf Nachfrage.

Fix sei jedenfalls, dass die "Flexity"-Züge zumindest farblich an das grau-rot-weiße Design des ULF angelehnt sein werden. Eine Visualisierung gibt es schon, sie sei allerdings noch nicht die fixe Endversion, so eine Sprecherin der Wiener Linien. Neuerungen werde es für die Passagiere jedenfalls geben - etwa im Bereich Infotainment.

"Ein Kopf-an-Kopf-Rennen" - ohne weitere Angaben

Zurückhaltend gaben sich die Verkehrsbetriebe auch in der Frage, bei welchen konkreten Kriterien sich Bombardier gegen Siemens durchsetzen konnte. Nur soviel: "Es war ein Kopf-an-Kopf-Rennen." Wert habe man vor allem auf den Preis, die technische Ausstattung und die Fahrgastqualität gelegt, sagte die Sprecherin.

Der jetzige Auftrag inkludiert auch einen Wartungsvertrag. Das heißt: Die laufende Wartung wird zwar weiterhin mit Wiener-Linien-Personal erledigt, allerdings - im Gegensatz zu den ULF-Serien von Siemens - im Auftrag und auf Risiko des Herstellers Bombardier.

Wie viel sich die Wiener Linien durch diese Lösung gegenüber dem ULF sparen, wurde heute auf APA-Nachfrage ebenfalls nicht beziffert.

Gute Kontakte ins Rathaus ohne Folgen

In Wien sind seit 1997 Niederflurstraßenbahnen unterwegs, die bis dato allesamt von Siemens gestellt wurden. Das Unternehmen, dem gute Kontakte zur Rathaus-SPÖ nachgesagt werden, hatte sich Mitte der 1990er-Jahre den Auftrag für die erste Tranche mit einer Einstiegshöhe von damals rekordmäßigen 19 Zentimetern gesichert.

Einige Jahre später folgte eine zweite 357 Mio. Euro schwere Bestellung. Der Vertrag enthielt außerdem eine Option auf einen dritte, noch einmal 150 Züge umfassende Tranche. Von dieser Option machten die Wiener Linien allerdings nicht Gebrauch. Sie entschieden sich stattdessen für eine Ausschreibung.

Von den bestellten ULF-Zügen sind laut Verkehrsbetrieben aktuell noch 45 ausständig. Sie sollen bis 2017 geliefert werden. (apa/red)